Außenpolitik live: Wie weiter mit den USA?

Peter Beyer (CDU) ist Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt. In einer Kooperationsveranstaltung mit unserer Zeitung diskutieren Beyer und WZ-Chefredakteur Ulli Tückmantel über die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

Herr Beyer, ist ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU realistisch noch vermeidbar?

Peter Beyer: Auf jeden Fall ist ein Handelskrieg zwischen den USA und der EU vermeidbar. Das erfordert politischen Willen auf beiden Seiten und intensive Diskussionen über Auswege aus der aktuellen Situation. Die Diskussionen finden statt, das sehen Sie an der Besuchsdiplomatie über den Atlantik. Und zumindest für unsere Seite stelle ich auch den Willen fest, keinen Handelskrieg zu beginnen. Klar ist: In einem Handelskrieg gibt es keinen Gewinner.

Die EU hat ihre Liste von möglichen Vergeltungsstrafzöllen gegen die USA inzwischen bei der Welthandelsorganisation WTO hinterlegt, der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier rät jedoch zur Zurückhaltung. Was meinen Sie?

Beyer: Die USA sind und bleiben unser engster Verbündeter. Wir sind in vielerlei Hinsicht auf sie angewiesen. Peter Altmaier und ich sind da einer Meinung und ich bin dankbar, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, um doch noch eine Lösung zu erreichen.

Die Europäer haben die Vergeltungsaktion der USA in Syrien zumindest moralisch unterstützt. Zum Dank hat Trump Macron und Merkel in Sachen Iran-Abkommen bis auf die Knochen blamiert. Halten Sie den US-Präsidenten überhaupt noch für dialogfähig?

Beyer: Die Aufkündigung des Iran-Abkommens und der Vergeltungsschlag in Syrien sind voneinander zu trennen. Das Iran-Abkommen ist nicht perfekt, aber es dient der Sicherheit der USA, unserer eigenen und auch derjenigen Israels, weil es die Entwicklung einer iranischen Atomwaffe zunächst unmöglich macht. Wir werden deshalb daran festhalten. In Syrien ging es darum, Assad und seinen Verbündeten zu zeigen, dass der Einsatz von Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung nicht akzeptabel ist und von der internationalen Gemeinschaft nicht hingenommen wird. Die Bundesregierung wird weiter den Dialog mit dem US-Präsidenten suchen — auch wenn es schwieriger geworden ist.

Laut ARD-Deutschlandtrend vertrauen mehr Deutsche Wladimir Putin als Donald Trump. Verständliche Reaktion auf das diplomatische Zerstörungswerk der USA oder ein Propagandaerfolg Russlands?

Beyer: Russland nimmt — mit allen ihm opportun erscheinenden Mitteln — sehr erfolgreich Einfluss auf die öffentliche Meinung in westlichen Staaten und folgt dabei nicht dem Anspruch der Wahrheit. Es versucht, westliche Allianzen zu spalten. Die Politik Donald Trumps spielt Russland in die Hände. Aber es gibt noch einen dritten Faktor. Ich sehe es auch als meine Aufgabe als Koordinator, die Bedeutung der Beziehungen zu den USA für uns besser zu erklären: In der Sicherheitspolitik, als Verbündeter in der Bewältigung globaler Herausforderungen, als Absatzmarkt für den Export unserer Produkte (von dem in Deutschland viele Arbeitsplätze abhängen).

Lange Zeit waren die USA das deutsche Ziel Nummer 1 beim Schüleraustausch. Deutsche Schüler fahren nun lieber nach Kanada, in den USA geht die Zahl der Gastfamilien zurück. Welche Initiativen sind nötig, um den zivilgesellschaftlichen Dialog nicht abreißen zu lassen?

Beyer: Der Rückgang beim Schüleraustausch hat zahlreiche Ursachen. Die Frage, wer gerade in den USA die Regierung stellt, spielt meines Erachtens eine eher untergeordnete Rolle. Aber es ist richtig, dass wir den zivilgesellschaftlichen Dialog neu beleben müssen. Deshalb veranstaltet die Bundesregierung zum Beispiel ab Herbst eine groß angelegte Dialogkampagne in den USA, das sogenannte Deutschlandjahr, das alle Aspekte unserer Partnerschaft beleuchten wird.

Um Ihren offiziellen Titel als Koordinator aufzugreifen: Gibt es noch verbliebene positive Beispiele, wo die „transatlantische zwischengesellschaftliche, kultur- und informationspolitische Zusammenarbeit“ mit den USA noch gut funktioniert?

Beyer: In meinen zahlreichen Gesprächen in Washington vorletzte Woche habe ich ein großes Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit Deutschland erfahren, zum Beispiel in Bezug auf die Entwicklungen auf dem westlichen Balkan oder den Umgang mit China. Auch der Austausch zwischen den Gesellschaften funktioniert weiter gut. So ist zum Beispiel Deutschland auf den dritten Platz der beliebtesten Gastländer amerikanischer Studenten im Ausland aufgerückt.

Viele Europäer würden Trump am liebsten aussitzen. Welche Strategie muss die deutsche Außenpolitik für den Fall verfolgen, dass auch der nächste US-Präsident wieder Trump heißt?

Beyer: Ob der nächste amerikanische Präsident Trump heißt oder nicht: Wir Europäer müssen uns darauf einstellen, in Ergänzung zur transatlantischen Partnerschaft mehr auf eigenen Füßen zu stehen und zum Beispiel besser für unsere eigene Sicherheit zu sorgen. Dafür müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen und uns noch besser abstimmen. Mit Vereinbarung der europäischen Dauerhaften Strukturierten Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt in dieser Richtung getan worden.

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