Helsinki-Gipfel Treffen mit Putin: Trump fällt eigenen Leuten in den Rücken

Mit seiner Weltsicht eckt US-Präsident Trump nach dem Helsinki-Gipfel selbst bei engsten Vertrauten an. Es hagelt eine solch massive Kritik auch aus dem eigenen Lager wie nie zuvor in den knapp 18 Monaten von Trumps Präsidentschaft.

Helsinki-Gipfel: Treffen mit Putin: Trump fällt eigenen Leuten in den Rücken
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Helsinki. Nach dem Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin wächst der Druck auf US-Präsident Donald Trump, umstrittene Äußerungen klarzustellen. Während aus Russland viel Lob kam, schlug Trump in der Heimat eine Welle parteiübergreifender Kritik an seinem Kuschelkurs gegenüber Putin entgegen. Selbst einer der größten Trump-Unterstützer, der Republikaner New Gingrich, sprach am Montagabend (Ortszeit) vom bislang ernsthaftesten Fehler des Präsidenten seit Amtsantritt vor rund anderthalb Jahren.

Helsinki-Gipfel: Treffen mit Putin: Trump fällt eigenen Leuten in den Rücken
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Trump müsse seine Äußerungen über die US-Geheimdienste und Putin umgehend korrigieren, verlangte Gingrich via Twitter. Andere Politiker beschrieben Trumps Auftreten mit Worten wie „beschämend“, „schändlich“, „verräterisch“, „gefährlich“ oder „schwach“. Der Mehrheitsführer von Trumps Republikanern im US-Senat, Mitch McConnell, sagte: „Russland ist nicht unser Freund.“

US-Präsident Donald Trump (l) und der russische Staatspräsident Wladimir Putin geben sich die Hand.

US-Präsident Donald Trump (l) und der russische Staatspräsident Wladimir Putin geben sich die Hand.

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Putin hatte bei der Pressekonferenz mit Trump jede Einmischung in die US-Präsidentenwahlen von 2016 dementiert. Für Empörung sorgte in den USA dann, dass Trump sich nicht auf die Seite der US-Geheimdienste stellte, die wie die Ermittlungsbehörden überzeugt von einer russischen Urheberschaft sind. „Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienstleute“, sagte Trump. „Aber ich werde Ihnen sagen, dass Präsident Putin in seinem Dementi heute extrem stark und kraftvoll war.“ Er fügte hinzu: „Ich habe Vertrauen in beide Parteien.“

„Er hat das Wort des KGB über die Männer und Frauen der CIA gestellt“, sagte der Oppositionsführer im US-Senat, Chuck Schumer. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, der Republikaner John McCain, kritisierte: „Die heutige Pressekonferenz in Helsinki war eine der schändlichsten Aufführungen eines amerikanischen Präsidenten seit Menschengedenken.“

Der republikanische Kongressabgeordnete und frühere CIA-Mitarbeiter Will Hurd schrieb auf Twitter: „Ich habe in meiner beruflichen Karriere viele Menschen gesehen, die vom russischen Geheimdienst manipuliert wurden, und ich hätte nie gedacht, dass der US-Präsident einer derjenigen sein würde, die von routinierten KGB-lern über den Tisch gezogen wurden.“ Der frühere Direktor des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan, kritisierte auf Twitter, die Pressekonferenz Trumps mit Putin sei „nicht weniger als verräterisch“ gewesen. „Er ist vollständig in der Tasche Putins.“

Angesichts der Kritik meldete sich Trump während seines Rückflugs in die USA bei Twitter zu Wort: „Wie ich heute und oft davor gesagt habe, „ich habe RIESIGES Vertrauen in MEINE Geheimdienstleute“. Allerdings muss ich auch anerkennen, dass wir uns nicht ausschließlich auf die Vergangenheit konzentrieren können, um eine hellere Zukunft zu bauen - als die beiden weltgrößten Atommächte müssen wir miteinander auskommen.“

Putin lobte Trump nach dem ersten gemeinsamen Gipfel als „interessanten Gesprächspartner“. Trump sei gut informiert und könne fremde Argumente nachvollziehen, selbst wenn er später bei seiner Meinung bleibe, sagte Putin in einem Interview des russischen Senders Perwy Kanal. „Alle halten ihn ausschließlich für einen Geschäftsmann“, sagte er. „Ich denke, das stimmt nicht, weil er vor allem Politiker ist.“ Trump verstehe, was der amerikanische Wähler wolle, und richte sich danach.

Mehr als zwei Stunden lang sprachen die beiden Präsidenten am Montag in Helsinki zu zweit, nur von Dolmetschern begleitet. Anschließend kamen die Außenminister Sergej Lawrow und Mike Pompeo sowie zwei weitere Berater auf jeder Seite dazu.

Trump und Putin versuchten nach eigenen Worten, in Helsinki einen Neuanfang in den schwer belasteten Beziehungen beider Länder zu finden. „Unsere Beziehungen waren nie schlechter als sie es jetzt sind. Das hat sich vor vier Stunden geändert“, sagte Trump. „Es war ein gutes Treffen“, sagte er am Montagabend (Ortszeit) dem Sender Fox News. Themen seien Atomwaffen, Krieg und Frieden, Terrorismus, Wirtschaft, die Ukraine, Syrien und der radikale Islam gewesen.

Das Treffen wurde von der Russland-Affäre in den USA überschattet. Die US-Justiz beschuldigt Agenten des russischen Militärgeheimdienstes, durch Computerhacking aktiv in die US-Präsidentschaftswahl 2016 eingegriffen zu haben.

Putin wies das energisch zurück. Die Untersuchungen des Russland-Sonderermittlers Robert Mueller bezeichnete Putin in einem Interview mit Fox News als politische Spielchen, die das Verhältnis zwischen den USA und Russland nicht beeinträchtigen dürften. Trump wiederholte in einem Interview mit dem Sender seinen Vorwurf, die Russland-Ermittlungen glichen einer Hexenjagd und trieben einen Keil zwischen die beiden Atommächte USA und Russland.

Kritik an Trump kam auch aus Deutschland. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), sagte, prinzipiell sei es immer gut, wenn die Präsidenten der USA und Russlands miteinander sprächen - „aber ich wäre doch etwas optimistischer gestimmt, wenn ich gewusst hätte, dass diese Gespräche vorbereitet gewesen wären auch mit den eigenen Verbündeten“.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), wertete das Vier-Augen-Gespräch als „Neustart eines Dialoges zwischen USA und Russland“. Dieser sei vor allem ein außenpolitischer Erfolg für Putin. „Allein die Tatsache, wieder auf Augenhöhe von dem amerikanischen Präsidenten in allen großen Fragen der internationalen Politik empfangen zu werden, mit ihm zu sprechen, das war sein großes Ziel“, sagte Röttgen im ZDF.

Der Grünen-Außenexperte Omid Nouripour sagte der „Welt“: „Atommächte müssen miteinander im Gespräch bleiben. Und nichts spricht dagegen, wenn Putin und Trump ein gutes Verhältnis haben, aber es darf nicht auf Kosten Dritter und der internationalen Ordnung sein.“

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