Timoschenko-Ehemann erhält in Prag politisches Asyl

Prag/Kiew (dpa) - Tschechien hat dem Ehemann der inhaftierten ukrainischen Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko politisches Asyl gewährt. Die Regierung in Prag nimmt dabei bewusst auch eine Eiszeit im Verhältnis zur Ukraine in Kauf.

Alexander Timoschenko habe das Gesuch bereits vor mehreren Monaten eingereicht, bestätigte Tschechiens Innenminister Jan Kubice am Freitag nach Angaben der Agentur CTK.

Der 51 Jahre alte Geschäftsmann habe „fliehen“ müssen, damit die Führung in Kiew nicht mit Ermittlungen gegen ihn „weiteren Druck“ auf die zu sieben Jahren Haft verurteilte Oppositionsführerin ausübe, teilte Julia Timoschenkos Partei in Kiew mit.

Die ukrainische Regierung wies dies zurück. „Kein ukrainischer Staatsbürger muss Schutz im Ausland suchen. Die Ukraine achtet die Menschenrechte“, teilte das Außenministerium in Kiew am Abend mit. Ein Sprecher der Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch kritisierte, Alexander Timoschenko wolle offenbar „Geld ins Ausland schaffen“. Gegner werfen Staatschef Janukowitsch vor, er schraube seit Amtsantritt vor zwei Jahren mit einem autoritären Stil die demokratischen Errungenschaften der Orangenen Revolution von 2004 in der früheren Sowjetrepublik wieder zurück.

Das EU- und Nato-Mitglied Tschechien rechnet nach der Asylentscheidung mit einer Verschlechterung seiner ohnehin gespannten Beziehungen zur Ukraine. „Eine Abkühlung des Verhältnisses ist ganz klar möglich, aber das hängt vor allem von der Ukraine ab“, sagte Außenminister Karel Schwarzenberg im öffentlich-rechtlichen Prager Rundfunk. „Manche Regime reagieren so.“ Regierungschef Petr Necas begründete die Entscheidung des Innenministeriums mit einer „politisch motivierten Verfolgung (von Alexander Timoschenko).“

Tschechien hatte bereits vor einem Jahr dem ukrainischen Ex-Wirtschaftsminister Bogdan Danilischin Asyl gewährt, obwohl Kiew ihn wegen Veruntreuung zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Die Ukraine hatte daraufhin zwei tschechische Diplomaten wegen angeblicher Spionage ausgewiesen.

Julia Timoschenko sitzt ihre Strafe wegen angeblichen Amtsmissbrauchs in einem Gefängnis in Charkow rund 450 Kilometer östlich von Kiew ab. Ihre Tochter Jewgenija protestierte nach einem Besuch gegen „unwürdige Haftbedingungen“. Die Anstaltsleitung wies dies mit den Worten zurück, die Zelle der 51-Jährigen entspreche „europäischem Standard“. Vor dem Gefängnis protestierten am Abend Medien zufolge Hunderte Timoschenko-Anhänger gegen die Inhaftierung.

In Prager Medien wurde mit Hinweis auf Stimmen aus Timoschenkos Partei spekuliert, dass auch Tochter Jewgenija ihrem Vater nach Tschechien folgen könnte. „Sollte sich der Druck erhöhen, werden wir reagieren“, sagte dazu ihr Anwalt Sergej Wlassenko. Alexander Timoschenko stand während der politischen Karriere seiner Frau weniger im Rampenlicht.

Julia Timoschenko forderte unterdessen unabhängige Experten aus Kanada für die Untersuchung ihres schweren Rückenleidens. Einheimischen Ärzten traue sie nicht, sagte ein Anwalt.

Timoschenko soll beim Abschluss von Gasverträgen mit Russland ihrem Land schweren Schaden zugefügt haben. Präsident Janukowitsch, Timoschenkos schärfster Rivale, weist aber Vorwürfe zurück, der international kritisierte Prozess sei politisch gesteuert.

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