Regierungswechsel: Vor einer Herkules-Aufgabe

Griechenlands neuer Premier Lucas Papademos muss die Pleite abwenden und das Sparpaket durchsetzen. Ihn erwartet erbitterter Widerstand der Gewerkschaften.

Athen. Für Lucas Papademos beginnt nun der Ernst des Lebens. Seine Ernennung zum Ministerpräsidenten war in Griechenland und bei den EU-Partnern mit einer gewissen Erleichterung aufgenommen worden, aber der parteilose Finanzexperte steht vor einer wahren Herkules-Aufgabe. Der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) muss binnen weniger Monate vollbringen, was vorige Regierungen in mehreren Jahren nicht geschafft haben.

Zunächst einmal wird der 64-Jährige darum bemüht sein, das Vertrauen der EU-Partner zurückzugewinnen. Dieses hatte sein Vorgänger Giorgos Papandreou mit der Ankündigung zu einem Referendum über das internationale Hilfspaket angeknackst. Das Referendum ist wieder vom Tisch. Mit der Bildung einer Mehrparteien-Koalition erfüllte Griechenland auch die Forderung der EU-Partner, die Athener Sparvorhaben auf eine möglichst breite politische Basis zu stellen.

Damit kann Griechenland sich nun Hoffnung darauf machen, dass die nächste Tranche der internationalen Finanzhilfen in Höhe von acht Milliarden Euro in Kürze ausgezahlt wird. Athen benötigt das Geld dringend. Ohne die Hilfe wäre der Staat etwa Mitte Dezember bankrott und könnte die Gehälter für seine Bediensteten nicht mehr zahlen.

In einem nächsten Schritt wird Papademos mit der Troika aus dem Weltwährungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der EZB die Details für das nächste Hilfsprogramm aushandeln müssen. Dies ist für die Griechen bislang ein Buch mit sieben Siegeln, denn niemand weiß, welche Reformen und Sparmaßnahmen die Geldgeber verlangen werden.

Zu den schwierigsten Aufgaben der neuen Regierung wird die Umsetzung jener Reformzusagen gehören, welche die bisherigen Athener Machthaber den EU-Partnern gegeben hatten. Dazu gehört die Entlassung von 30 000 Staatsbediensteten, die Schließung von Staatsbetrieben sowie der Verkauf von staatlichem Eigentum. Diese Vorhaben hatten in den vergangenen Monaten eine Welle von Streiks und Protesten ausgelöst, die das Land an den Rand des Chaos brachten.

Es ist kaum anzunehmen, dass die Gewerkschaften mit Papademos gnädiger umgehen werden als mit dessen Vorgänger Papandreou. Eine Gewerkschaft drohte bereits damit, Kraftwerke zu besetzen, wenn diese wie geplant privatisiert werden sollen.

Die neue Regierung stößt in der Bevölkerung auf eine Mischung von Skepsis und Wohlwollen. „Papademos ist der richtige Mann“, meint ein Athener Händler. „Sein Wort zählt in Europa.“ Andere Griechen sehen die Regierung weniger hoffnungsvoll. „Die Politiker haben uns in letzter Zeit nur Theater vorgespielt. Das wird sich nicht ändern“, sagt eine junge Angestellte in Thessaloniki.

Die Zeitung „Kathimerini“ entdeckte bei dem Regierungswechsel einen positiven Nebeneffekt. „Endlich haben wir einen Ministerpräsidenten, der ein ordentliches Griechisch spricht“, schreibt das Blatt. Der Vorgänger Papandreou war in den USA und Schweden aufgewachsen und hatte mit der Sprache zuweilen seine Schwierigkeiten.

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