Parlamentswahlen: Zwei Frauen führen Bangladesch ins Chaos

Die Siegerin der Parlamentswahl steht bereits fest, weil ihre Konkurrentin zum Boykott aufruft.

Dhaka. Mehr als neun Jahre lang sprachen die beiden führenden Politikerinnen Bangladeschs nicht miteinander. Im Oktober, als ihr vergiftetes Verhältnis die anstehende Wahl an den Rand des Scheiterns brachte, griff Premierministerin Sheikh Hasina zum Telefon. Kaum stand die Verbindung zur Oppositionsführerin Khaleda Zia, machten sich die beiden Vorwürfe.

Stur zog die Premierministerin die Wahl durch, stur rief Zia zu Protesten und einem Boykott der Abstimmung auf. Ihre Anhänger gingen aufeinander los, 500 Menschen starben 2013 durch politische Gewalt. Die Attacken, Anschläge und Polizeigewalt fanden einen vorläufigen Höhepunkt am Wahltag, als wiederum mindestens 18 Menschen starben.

Bangladesch ist tief gespalten. Viele rechnen sich entweder dem Mitte-Links-Lager der Awami-Liga von Hasina oder der konservativen Partei BNP von Zia zu. „Wir haben nur die Wahl zwischen Pest und Cholera“, sagt Manzoor Hasan von der Brac-Universität. Wer eine Alternative anbieten wolle, müsse mit Einschüchterung und auch körperlicher Gewalt rechnen.

Hasina ist die Tochter des Staatsgründers und ersten Premierministers, Mujibur Rahman, der 1975 ermordet wurde. Khaleda Zia war mit Ex-Militärmachthaber Ziaur Rahman verheiratet, der 1981 ebenfalls gewaltsam ums Leben kam. Zunächst stritten sie zusammen, stürzten einen Diktator und führten 1991 die Demokratie wieder ein.

Doch seitdem stehen sie sich unversöhnlich gegenüber. Ihr Gezänk führte 2007 sogar dazu, dass das Militär einschritt und den Ausnahmezustand erklärte. Vor der Parlamentswahl gestern ging der Streit darum, dass Zia eine neutrale Übergangsregierung für die Zeit der Wahl forderte, um eine Einflussnahme der Regierung ihrer Rivalin zu verhindern. Hasina aber hatte dieses System, das seit 1996 galt, gerade erst abgeschafft.

Die Hauptleidtragenden sind die 155 Millionen Menschen in dem armen südasiatischen Land. „Durch die ständigen Streiks und Blockaden leidet die Wirtschaft, das ist besonders hart für die vielen Tagelöhner, die keine Arbeit finden“, heißt es bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Auch die Textilindustrie, die etwa 80 Prozent der Exporte ausmacht, ist betroffen: Lastwagen brauchen wegen der Blockaden nun oft doppelt so lange von der Hauptstadt bis in den Hafen in Chittagong. „Wenn es noch schlimmer wird, müssen wir anfangen, Leute zu entlassen“, sagt ein Fabrikbesitzer.

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