OSZE: Manipulation und Stimmenkauf in der Ukraine

Unerwartet scharf rügt die internationale Mission Eingriffe in die Verfassung durch Präsident Janukowitsch.

Kiew. Die Bombe in Kiew platzte am Montagnachmittag. Kurz nach 14.30 Uhr Ortszeit verhängten die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ihr Urteil über die Parlamentswahl am Sonntag.

„Ich bin sehr enttäuscht. Der Wahlkampf und die Wahl waren nicht transparent. Auf dem Weg der Ukraine zur Demokratie sind sie ein Schritt zurück“, sagte die Sprecherin der OSZE-Mission, die schwedische Reichstagsabgeordnete Walburga Habsburg Douglas.

Ein negatives Urteil in dieser Klarheit hatte kaum jemand erwartet. Seit der orangen Revolution 2004 hatte die OSZE alle Wahlen in der Ukraine als fair und frei anerkannt. Nun schlug vor allem die Inhaftierung von Julia Timoschenko negativ zu Buche. „Das hat die Auswahl an Kandidaten entscheidend eingeschränkt.“

Die OSZE monierte zudem, dass finanzielle Ressourcen im Wahlkampf eine inakzeptabel große Rolle gespielt hätten. In den vergangenen Tagen hatten zahllose Berichte über Stimmenkäufe die Runde gemacht. Auch die Verantwortlichen für das undemokratische Geschehen waren schnell gefunden: Im Mittelpunkt der OSZE-Kritik steht die Partei der Regionen des Präsidenten Viktor Janukowitsch.

Nach Bekanntwerden des Berichts trat die Stimmauszählung in den Hintergrund. Dabei sprachen auch die Resultate eine klare Sprache. Nur eine Änderung des Wahlrechts, die Janukowitsch durchgesetzt hatte, sicherte ihm die Macht. „Andernfalls hätten wir gewonnen“, sagte Box-Weltmeister Vitali Klitschko, dessen pro-europäische Partei Udar (Schlag) ins Parlament einzog.

Nach der Auszählung lieferte sich die Opposition um Timoschenko, Klitschko und die ultranationalistische Bewegung Swoboda (Freiheit) ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Regierungsparteien (46:48 Prozent). Die Hälfte der Mandate wurde allerdings an Direktkandidaten in regionalen Wahlkreisen vergeben. Dieses Verfahren brachte die finanzstarke Partei der Regionen im Wahlkampf deutlich in Vorteil.

Am Montag zeichnete sich ab, dass das Regierungslager künftig über mindestens 230 der 450 Mandate verfügen wird. Hinzu kommen fast 40 parteilose Abgeordnete, deren Stimmen als potenziell käuflich gelten.

Der Präsident wird nun mit dem Makel leben müssen, mit einem undemokratisch ins Amt gewählten Kabinett zu regieren. Das Resultat selbst kam dagegen einem Traumergebnis für Janukowitsch nahe. Der als Hoffnungsträger hoch gehandelte Klitschko war entzaubert worden. Statt der erhofften 20 Prozent erreichte der Box-Champion kaum 14 Prozent. Ein ernsthafter Gegner für Janukowitsch bei der Präsidentenwahl 2015 ist nicht in Sicht.

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