Neuer Mordanschlag auf Islamkritiker in Dänemark

Kopenhagen (dpa) - Neuer Mordanschlag auf einen Islamkritiker in Dänemark. Mehr als sieben Jahre nach den weltweit umstrittenen Mohammed-Karikaturen der Zeitung „Jyllands-Posten“ hat am Dienstag ein Unbekannter auf den Journalisten Lars Hedegaard geschossen.

Der 70-Jährige konnte den als Postboten verkleideten Attentäter an seinem Hauseingang in die Flucht schlagen, nachdem ein Schuss aus nächster Nähe seinen Kopf verfehlt hatte. Die sofort eingeleitete Großfahndung mit einem massiven Polizeiaufgebot im Bezirk Frederiksberg blieb zunächst ohne Erfolg.

Die von „Jyllands-Posten“ veröffentlichten Mohammed-Karikaturen hatten Anfang 2006 zunächst gewaltsame Proteste in der islamischen Welt ausgelöst, bei denen mehr als 150 Menschen starben. In den folgenden Jahren konnten in Dänemark und im benachbarten Schweden mindestens vier Mordanschläge zur „Vergeltung“ rechtzeitig verhindert werden. Der Karikaturist Kurt Westergaard überstand 2010 ein Attentat in seinem Haus nur knapp. Der schwedische Künstler Lars Vilks, der eine Zeichnung mit dem Propheten Mohammed als Hund ausgestellt hatte, war zweimal Ziel eines Anschlags.

Hedegaard ist Vorsitzender der dänischen Gesellschaft für Pressefreiheit und profiliert sich als betont scharf formulierender Islamkritiker. Er schilderte der Online-Zeitung „Politiken.dk“, dass der Attentäter mit einem Paket im Arm bei ihm geklingelt habe. „Dann gibt er mir das Paket, worauf er eine Pistole zieht und auf meinen Kopf schießt.“

Der Schuss verfehlte das Ziel. Danach versuchte der Attentäter bei einem Handgemenge mit Hedegaard noch zweimal vergeblich zu schießen. Als es dem Journalisten gelang, die Haustür zu schließen, flüchtete der Attentäter Richtung Zoologischer Garten. Offen blieb, ob er einen Helfer hatte.

Der früher als Linkssozialist bekannte Hedegaard sagte über seine Reaktion zu dem Anschlag: „Das ist inzwischen wohl das, was man erwarten muss, wenn man in diesem Land seine Meinung sagt. Es überrascht mich aber schon, dass ich erschossen werden sollte.“ Hedegaard hatte scharfe Proteste sowie auch Gerichtsverfahren durch die Äußerung ausgelöst, dass es ein im Islam akzeptiertes Recht auf Vergewaltigung gebe.

Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt nannte den Anschlag gegen Hedegaard „abscheulich“. Erst in der Vorwoche hatte das Kopenhagener Oberlandesgericht ein Urteil zu zwölf Jahren Haft aus erster Instanz gegen einen 31-Jährigen wegen Mordplänen gegen die Redaktion der Zeitung „Jyllands-Posten“ bestätigt.

Der Mann und drei schon zuvor rechtskräftig verurteilte Männer konnten rechtzeitig gestoppt werden, als sie schwer bewaffnet aus Schweden nach Kopenhagen kamen. Sie wollten als „Rache“ für die umstrittenen Mohammed-Karikaturen von „Jyllands-Posten“ möglichst viele Mitarbeiter töten.

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