Mehr als 60 Schiiten sterben bei Anschlägen im Irak

Bagdad/Istanbul (dpa) - Zum zweiten Mal innerhalb eines Monats haben Terroristen im Irak ein Blutbad unter schiitischen Zivilisten angerichtet. Am Donnerstag starben bei Anschlägen in Bagdad und in der Provinz Nassirija insgesamt 69 Schiiten.

Unter ihnen waren Pilger, die auf dem Weg zu den heiligen Stätten von Kerbela waren. Damit haben sich die Hoffnungen der Iraker zerschlagen, nach dem Abzug der letzten US-Soldaten werde es friedlicher werden.

Die Polizei berichtete, ein Selbstmordattentäter habe sich in der Ortschaft Al-Batha westlich von Nassirija in der Nähe eines Kontrollpostens der Armee unter die Pilger gemischt und dann einen Sprengstoffgürtel gezündet. Kurz darauf explodierte am selben Ort eine Bombe. Insgesamt starben dort nach Angaben der Beamten 44 Menschen und der Selbstmordattentäter. 81 Menschen wurden verletzt. Die Pilger waren zu Fuß auf dem Weg nach Kerbela, wo die Schiiten nächste Woche die Feierlichkeiten zum 40. Tag nach dem Tod des Imam Hussein im Jahr 680 begehen.

In der Hauptstadt Bagdad verübten Terroristen Anschläge in zwei Vierteln, in denen fast ausschließlich Schiiten leben. Unter den Opfern waren zahlreiche Tagelöhner, die am Straßenrand auf Arbeitsaufträge warteten. Nach Angaben der Polizei explodierten im Kadhimija-Bezirk zwei Autobomben. 15 Menschen starben. 31 Menschen erlitten Verletzungen.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Sumeria News detonierten in Sadr-City östlich von Bagdad zwei Sprengsätze, die auf einem Motorrad befestigt waren. Dort starben zehn Menschen. Mehr als 50 Zivilisten wurden verletzt.

In Bagdad war vor den Anschlägen eine große Zahl von zusätzlichen Straßensperren eingerichtet worden, weil für diesen Freitag anlässlich des 91. Jahrestages der Gründung der irakischen Armee eine große Militärparade geplant ist. Die USA hatten kurz vor Weihnachten ihre letzten Truppen aus dem Irak abgezogen.

Beobachter im Irak sehen einen Zusammenhang zwischen der Zunahme der Terroranschläge und der Eskalation des politischen Streits in Bagdad. Zwischen schiitischen Muslimen und Sunniten sind in Parlament und Regierung nach dem Abzug der letzten US-Truppen im Dezember die alten Konflikte wieder aufgebrochen.

Ministerpräsident Nuri al-Maliki versucht - unter anderem mit Hilfe der Justiz - sunnitische Politiker zu entmachten. Gegen den sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschimi wurde ein Haftbefehl wegen angeblicher Terror-Aktivitäten verhängt. Er lebt seither in der Kurden-Stadt Suleimanija unter dem Schutz des kurdischen Staatspräsidenten Dschalal Talabani.

Der UN-Sondergesandte für den Irak, Martin Kobler, hatte am Mittwoch die politischen Führer der Kurden-Parteien getroffen, um über Wege aus der Krise zu sprechen. Die Kurden sind an diesem Konflikt nicht direkt beteiligt und haben ein Interesse daran, dass der Streit, der die Regierung lähmt, beigelegt wird. Nach den Gesprächen äußerte sich Kobler besorgt über die Spannungen zwischen den Regierungsparteien.

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