Kampf um Le-Pen-Wähler in Frankreich

Paris (dpa) - Wahlkampf als Drahtseilakt: Wer in Frankreich Präsident werden will, kommt nicht an den Wählern der extremen Rechten vorbei. Sarkozy wirbt offen um sie, sein Herausforderer Hollande notgedrungen.

Rechtsaußen Le Pen hält den Spitzenkandidaten Zynismus vor

Präsident Nicolas Sarkozy verteidigte am Dienstag in einer kämpferischen Rede sein offenes Werben um die Stimmen der rechtsextremen Front National (FN). Der in Umfragen favorisierte Herausforderer François Hollande kündigte an, die unzufriedenen und wütenden Bürger bei der Stichwahl nicht seinem Konkurrenten zu überlassen.

„Es ist meine Pflicht, mich sofort diesen Wählern zuzuwenden“, sagte der 57-jährige Sozialist Hollande der Tageszeitung „Libération“ (Dienstag). Dies gelte aber nicht für diejenigen, die das radikale Gedankengut der ausgeschiedenen Rechtspopulistin Marine Le Pen teilten.

Die FN-Chefin sprach in einem Interview des Nachrichtensenders BFM von Zynismus der Spitzenkandidaten und betonte mit Blick auf ihre Wähler, sie hätten nicht nur wie von Sarkozy oder Hollande behauptet aus Wut für sie gestimmt: „Das war eine Wahl aus Überzeugung.“. Auf die Frage ob es sie freue, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich wegen ihres Erfolges sorge, antwortete die FN-Chefin: „Natürlich!“ Sie verkörpere die französische Eigenheit, das mache der „europäischen Clique“ Angst.

Sarkozy sagte im Pariser Vorort Longjumeau, Le Pen, die in der ersten Wahlrunde mit knapp 18 Prozent der Stimmen überaus stark abgeschnitten hatte, sei als Kandidatin offiziell zugelassen gewesen. „Also ist sie auch kompatibel mit der Republik“, erklärte Sarkozy. „Man kann in der zweiten Runde keinen Wahlkampf machen wie in der ersten, man muss das Votum für die FN verstehen.“

Unterdessen lehnte Hollande es als unnötig ab, sich vor der zweiten Wahlrunde noch in mehreren Rededuellen mit Sarkozy zu messen. Ein einziges solches Duell sei Tradition und genug. Vier große Sender hatten angeboten, eine Debatte der Präsidentschaftskandidaten ins Programm zu nehmen. Auch Sarkozy hatte sich dafür ausgesprochen.

Hollande geht als großer Favorit in die Stichwahl am 6. Mai. In der ersten Wahlrunde lag er zwar nur knapp vor dem Konservativen Sarkozy. In allen Umfragen zur zweiten Runde hat er aber einen großen Vorsprung. Die am Mittwochabend veröffentlichte jüngste Umfrage des Instituts Opinionway-Fiducial sagt Hollande weiter den Sieg mit 54 Prozent der Stimmen voraus - Sarkozy käme demnach nur auf 46 Prozent.

Um doch noch für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden, ist Sarkozy dringend auf die Stimmen der Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten angewiesen. Im ersten Wahlgang am Sonntag hatten rund 30 Prozent der Wähler für Kandidaten der extremen Linken oder Rechten gestimmt.

Sarkozy hatte bereits am Montag damit begonnen, offen um Rechte und Globalisierungskritiker zu werben. „Das Europa, das die Migrationsströme nicht reguliert, das seine Grenzen nicht verteidigt und das gleichzeitig seine Märkte ohne Gegenleistung öffnet, ist am Ende“, sagte er bei einer Kundgebung in Saint-Cyr bei Tours.

Die Franzosen hätten klar zu verstehen gegeben, dass sie genug von einer Globalisierung ohne Regeln hätten und kein durchlässiges Europa wollten. „Wir müssen dem Rechnung tragen“, sagte Sarkozy. „Eine Grenze ist dazu da, um zu schützen.“

Hollande dagegen betonte am Dienstag erneut, dass er sich als Präsident für ein Wahlrecht von im Lande lebenden außereuropäischen Ausländern stark machen wolle.

Nach Überzeugung von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier würde ein Sieg des Sozialisten eine „politische Zeitenwende“ in Europa einleiten. „Der konservative Kurs, der die Europäische Währungsunion in die Rezession und die Krisenstaaten in die Schuldenspirale getrieben haben, kann gebrochen werden“, sagte Steinmeier in Berlin.

Hollande hat die Finanzmärkte im Wahlkampf zu seinem Gegner erklärt. Er will zudem eine Reichensteuer einführen und den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in der EU neu verhandeln.

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