Italiens Regierungschef Letta nimmt erste Vertrauenshürde

Rom (dpa) - Der neue italienische Regierungschef Enrico Letta hat sich mühelos das Vertrauen des Abgeordnetenhauses in Rom gesichert. Nach seiner Regierungserklärung stellte sich am Montag eine breite Mehrheit in einem Votum hinter Lettas Anti-Krisen-Programm.

453 der Abgeordneten sprachen ihm das Vertrauen aus, 153 votierten dagegen. Für den 46 Jahre alten Linksliberalen und seine große Koalition war dies die erste Parlamentshürde. An diesem Dienstag steht dann noch die Vertrauensabstimmung in der zweiten Kammer, dem Senat, an.

Am Dienstag will Letta bereits auch in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein. Der neue Regierungschef tritt für eine europäische Wachstumspolitik als Weg aus der Wirtschaftskrise ein. Er will in den nächsten Tagen auch nach Brüssel und nach Paris reisen.

Vor dem Votum hatte er ein umfassendes Regierungsprogramm gegen die tiefe Wirtschaftskrise des Landes und den Reformstau vorgestellt. Neben einschneidenden Reformen im Inneren setzte er sich in einem starken Bekenntnis zu Europa dafür ein, wirtschaftliches Wachstum gemeinsam zu fördern. „Ohne Europa verlieren wir alles“, sagte Letta. Die Wachstumspolitik könne in Zeiten der Krise nicht länger warten. Wenn in Italien nur gespart werde, sterbe das Land, warnte er. Die EU müsse Wachstum fördern, ohne die Haushaltssanierungen zu gefährden.

Eine Finanzdisziplin des Staates sei wesentlich, so Letta, die öffentliche Verschuldung hänge wie ein Mühlstein an Italien. Letta kündigte eine radikale Reform der Institutionen und der Politik an, etwa die überfälligen Reformen des Wahlgesetzes und des Parlaments.

Schwerpunkte der Regierungserklärung bildeten Kostensenkungen sowie Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit vor allem der jungen Generation, eine Beschäftigungspolitik zugunsten der Frauen sowie Steuererleichterungen im Arbeitssektor. Die umstrittene Grundsteuer auf das erste Haus soll gestoppt, das Abgabensystem dann reformiert werden. Gespart werden soll bei den Politikern und Parteien. Anstand, Nüchternheit und Gewissenhaftigkeit müssten neu einziehen, so Letta.

Der linksliberale Letta (46) führt eine große Koalition, zu der auch Silvio Berlusconis PdL-Partei gehört. Lettas Regierung gilt nach einer langen politischen Krise mit einer Pattsituation im Senat als letzte Chance, baldige Neuwahlen zu vermeiden und die Probleme des hoch verschuldeten und in der Rezession steckenden Landes anzugehen.

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen galten am Montag rund um das Abgeordnetenhaus. Zeitgleich mit der Vereidigung der neuen Regierung hatte am Sonntag ein arbeitsloser Maurer am Regierungssitz Chigi auf Polizisten geschossen und einen von ihnen schwer verletzt. Er gab später an, er habe aus Verzweiflung auf Politiker schießen wollen.

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