Bruder des Toulouse-Attentäters als Mittäter angeklagt

Paris (dpa) - Die französische Justiz hat den älteren Bruder des Toulouse-Attentäters Mohamed Merah als Mittäter angeklagt. Sie wirft dem 29-jährigen Abdelkader Merah Beihilfe zum Mord und Verschwörung zur Vorbereitung von Terrorakten vor, wie das France Info Radio am Sonntagabend aus Justizkreisen berichtete.

Der am Donnerstag von der Polizei getötete Attentäter hatte behauptet, allein für den Tod der Opfer verantwortlich zu sein.

Abdelkader Merah wurde am Sonntag einem Anti-Terror-Richter vorgeführt und anschließend in einen Hochsicherheitstrakt gebracht. Die Polizei habe „ernsthafte und übereinstimmende Erkenntnisse“, wonach er wahrscheinlich Komplize und Teil einer „terroristischen Unternehmung“ gewesen sei, hieß es in einer Mitteilung.

Laut einem Bericht der Zeitung „Le Parisien“ spricht unter anderem gegen den 29-Jährigen, dass sein Mobiltelefon in der Nähe der jüdischen Schule gefunden wurde, wo Mohamed Merah am Montag einen Lehrer und drei Schüler erschossen hatte.

Die beiden Brüder hätten sich am Vorabend der Bluttat getroffen und gemeinsam zu Abend gegessen. Er habe nichts von den Attentatsplänen gewusst, behauptete Abdelkader Merah zuletzt. Er sei aber „stolz“ auf sie. Außerdem gab er zu, bei dem Diebstahl des Rollers dabei gewesen zu sein. Mit dem Fahrzeug hatte sein Bruder die Verbrechen begangen.

Seine Frau und die Mutter der beiden Brüder wurden am Samstag wieder freigelassen. Die Mutter sei von den Ereignissen „erschüttert“, teilte ihr Anwalt mit.

Während der 32-stündigen Belagerung seiner Wohnung in Toulouse hatte Mohamed Merah nach einem Bericht der Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“ gesagt, er „bedaure“, nicht mehr Kinder getötet zu haben. Die Polizei prüft derzeit, ob Merah - wie er selbst behauptet hatte - Kontakte zur Terrororganisation Al-Kaida besaß und an Terror-Trainings in Pakistan teilnahm. In Frankreich wird über Helfer spekuliert, die den Täter mit mehreren Schusswaffen versorgt haben könnten.

Am Wochenende fanden in mehreren Regionen Frankreichs Trauermärsche statt. An einem Schweigemarsch in Paris beteiligten sich 5000 Menschen. Politiker nahmen den Wahlkampf für die Präsidentenwahl im April wieder auf, in dem sich die Attentate zu einem zentralen Thema entwickeln. Ob Amtsinhaber Nicolas Sarkozy von der Debatte profitieren kann, ist noch unklar. Sarkozy setzt auf das Thema Sicherheit.

Am Samstag senkten die Behörden die Terrorwarnung für den Südwesten Frankreichs von der höchsten Stufe, die seit vergangenen Montag gegolten hatte, um eine Stufe herunter. Innenminister Claude Guéant verteidigte in der Tageszeitung „Le Figaro“ den Polizeieinsatz zur Festnahme Merahs. Die Kritik sei parteipolitisch motiviert. „Es ist inakzeptabel, die Effizienz der Polizei zu hinterfragen“, sagte der Minister. Man dürfe nicht vergessen, dass es sieben Opfer gegeben habe, darunter drei Kinder. Guéant hatte den Einsatz beaufsichtigt.

Der sozialistische Herausforderer Sarkozys, François Hollande, vermutet schwere Verfehlungen der Sicherheitsdienste. Merah stand nach Reisen nach Afghanistan und Pakistan unter Beobachtung. Frankreich sei noch niemals zuvor mit einem solchen Einzelattentäter konfrontiert worden, konterte Innenminister Guéant. Es sei daher für die Sicherheitskräfte sehr schwierig gewesen, die Handlungen eines „einsamen Wolfs“ vorherzusehen.

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