Anklage will sechs Jahre Lagerhaft für Putin-Kritiker Nawalny

Moskau (dpa) - Als scharfzüngiger Kämpfer gegen Korruption und als Putin-Kritiker machte sich Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in Russland einen Namen. Nun soll der Blogger für viele Jahre in Haft.

Kritiker sehen das Verfahren als Schauprozess.

Im spektakulären Strafverfahren gegen Nawalny fordert die Anklage sechs Jahre Arbeitslager wegen Veruntreuung. Das sagte Staatsanwalt Sergej Bogdanow in dem umstrittenen Prozess in der Stadt Kirow. Nawalny, ein scharfer Kritiker von Präsident Wladimir Putin, wies die Vorwürfe als politische Inszenierung zurück. Das Urteil soll am 18. Juli verkündet werden.

Der für seinen Kampf gegen die Korruption bekannte Blogger warf der Anklage vor, Zeugenaussagen „schamlos“ zu entstellen. Es lägen überhaupt keine Beweise für ein Verbrechen vor. „Auch für Unsinn sollte es eine Grenze geben“, sagte Nawalny.

Gegen den 37-Jährigen, der im September Bürgermeister von Moskau werden will und Ambitionen auf das Präsidentenamt hegt, laufen weitere Verfahren. Im Falle einer Verurteilung dürfte Nawalny nicht kandidieren.

Nawalny soll 2009 ein Staatsunternehmen um umgerechnet 400 000 Euro geprellt haben. Der Familienvater habe als Berater der Holzfirma bewusst Eigentum veruntreut, sagte Staatsanwalt Bogdanow der Agentur Interfax zufolge. Der Angeklagte müsse von der Gesellschaft isoliert werden.

Zudem solle Nawalny zwei Millionen Rubel (rund 50 000 Euro) Schadenersatz zahlen, forderte Bogdanow. Ein als Komplize angeklagter Mann müsse für fünf Jahre in Haft.

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. „Dieser Prozess soll meinen Mandanten diskreditieren“, sagte Anwältin Olga Michailowa. Menschenrechtler kritisieren das Verfahren vor dem Bezirksgericht in Kirow rund 900 Kilometer nordöstlich von Moskau als Schauprozess. In einem Rechtsstaat würde es ein solches Verfahren nicht geben, sagte Ljudmila Alexejewa von der Moskauer Helsinki Gruppe.

Nawalny ist einer der Führer der zersplitterten russischen Opposition. Seit der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl im Dezember 2011 hatte er zahlreiche Massenproteste gegen die Kremlpolitik mitangeführt. Das US-Magazin „Time“ zählte Nawalny 2012 zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt.

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