Analyse: USA geht das Gift für die Hinrichtungen aus

Firma stellt die Produktion ein. Minister Rösler bittet deutsche Hersteller, nicht zu liefern.

Washington. Der fortdauernde Streit um die Anwendung der Todesstrafe in den USA schlägt nun auch in Europa Wellen. Nachdem sich bereits Italien geweigert hatte, das Betäubungsmittel Thiopental an jene US-Staaten zu verkaufen, die Schwerverbrecher hinrichten, hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nun auch deutsche Pharmakonzerne aufgefordert, Lieferungen in die USA einzustellen.

Nur eine Firma in den USA, das in Illinois ansässige Unternehmen Hospira, stellt das Narkosemittel Natrium Thiopental her, das für Todeskandidaten verwendet wird. Am Wochenende erklärte Hospira, dass „wir mit sofortiger Wirkung aus dem Markt für Natrium Thiopental aussteigen werden.“ Zunächst war vorgesehen, die Produktion in Italien fortzusetzen. Röslers Appell soll nun sicherstellen, dass auch deutsche Pharmahersteller keine indirekte Rolle bei Hinrichtungen in den USA spielen.

In Washington wird gemunkelt, dass die US-Regierung Druck auf Hospira ausgeübt hat, die Produktion auszusetzen. Hospiras Konzernzentrale sitzt in Illinois — dem Heimatstaat von Präsident Barack Obama. Er ist ein Gegner der Todesstrafe.

In den 35 US-Staaten, die Verurteilte hinrichten, hatten Engpässe bei der Lieferung Thiopentals bereits zu erheblichen Problemen geführt. In einer höchst umstrittenen Entscheidung beschloss daher das Justizministerium in Oklahoma, ein Narkosemittel zu verwenden, das beim Einschläfern von Pferden benutzt wird. Es folgten heftige Proteste seitens führender Menschenrechtsorganisationen.

Florida, Texas und Missouri hingegen wollten anderen Staaten unbenutzte Thiopental-Überschüsse abkaufen. In vielen Fällen aber war die Haltbarkeitsfrist bereits verstrichen.

Gegner der Todesstrafe sehen jedenfalls einen weiteren Grund, um die staatlich sanktionierte Hinrichtung völlig auszusetzen. „Es ist jetzt höchste Zeit, um über humanere Methoden nachzudenken“ erklärt Mark Elliott von der Organisation „Floridianer für Alternativen zur Todesstrafe“. Gleichwohl gibt er zu, dass der konservative Südstaat wie auch viele andere einen simpleren Weg beschreiten könnten. Denkbar wäre, den Giftcocktail abzuschaffen und Verurteilte mit einer einzigen Injektion zu töten.

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