Amnesty: Mindestens zwölf Folter-Tote in Libyen

Berlin (dpa) - In Libyen sind nach einem Bericht von Amnesty International seit dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes mindestens zwölf Menschen zu Tode gefoltert worden. Die Menschenrechtsorganisation macht dafür Milizen verantwortlich, die sich an mutmaßlichen Gaddafi-Anhängern rächen wollten.

Die Vorwürfe stützen sich auf die Eindrücke einer Amnesty-Delegation, die Anfang des Jahres in Libyen unterwegs war. Die Reisegruppe besuchte dabei nach Amnesty-Angaben auch elf Gefängnisse, unter anderem in der Hauptstadt Tripolis sowie in Misrata und Bengasi. Bis auf eine Aufnahme hätten dabei in allen Haftanstalten Gefangene über Folter und Misshandlung geklagt. Die Leichname der mindestens zwölf Todesopfer seien von Wunden und blauen Flecken bedeckt gewesen. Mehreren Opfern seien Zeh- und Fingernägel gezogen worden.

Der Amnesty-Experte Carsten Jürgensen kritisierte, annähernd vier Monat nach dem Tod des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi seien die Milizen „außer Kontrolle“. „Vor einem Jahr haben die Libyer ihr Leben riskiert, um Gerechtigkeit zu fordern. Heute ist diese Gerechtigkeit in großer Gefahr: durch gesetzlose bewaffnete Milizen, die auf den Menschenrechten herumtrampeln, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.“

Amnesty berichtete auch von Übergriffen der Milizen gegen Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Staaten. Mehrere Gefangene gaben dem Bericht zufolge an, die ihnen vorgeworfenen Verbrechen nur gestanden zu haben, um weiterer Folter zu entgehen. Die libysche Übergangsregierung hatte kürzlich versprochen, gegen die Folter und Misshandlung von Gefangenen vorzugehen.

Da es seit dem Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi im vergangenen Jahr keine funktionierenden Gerichte gibt, wollen UN und EU die libysche Regierung beim Aufbau eines Justizwesens für die Übergangszeit beraten. Neben den großen Haftanstalten gibt es in Libyen immer noch zahlreiche „Privatgefängnisse“ der sogenannten Revolutionsbrigaden.

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