Ägypten vor Großdemonstrationen

Kairo (dpa) - Die ägyptische Armee erhöht den Druck auf die Unterstützer des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi. Das Militär gab den Islamisten am Donnerstagabend 48 Stunden Zeit, um sich am politischen Versöhnungsprozess in dem Land zu beteiligen.

Ansonsten müssten sie sich auf ein härteres Vorgehen gefasst machen, zitierte die Nachrichtenagentur Mena aus einer Mitteilung der Armee. Die Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, wurde darin nicht explizit erwähnt. Für Freitag waren von beiden Lagern wieder Massenkundgebungen geplant.

Die Mitteilung der Streitkräfte trug den Namen „Letzte Chance“. Das Militär kündigte darin zudem eine neue Strategie im Kampf gegen „Gewalt und [...] Terrorismus“ an, sobald die für Freitag geplanten Massenkundgebungen von Anhängern und Gegnern des Anfang Juli entmachteten Präsidenten Mursi vorbei sind.

Am Mittwoch hatte Armeechef General Abdel Fattah al-Sisi die Bürger zu eindrucksvollen Großdemonstrationen aufgerufen, um ihm das „Mandat zur Bekämpfung des Terrors“ zu geben. Die staatlichen und privaten Fernsehstationen wiederholen seit Mittwochabend den Aufruf Al-Sisis, häufig begleitet von patriotischen Appellen und Gesängen. Den Erwartungen zufolge sollen diesen Aufrufen Millionen Menschen Folge leisten.

Beobachter sehen in dem überraschenden Aufruf Al-Sisis zu Massenkundgebungen das Vorspiel zu einer möglicherweise härteren Gangart gegenüber der Muslimbruderschaft. Bislang haben die Behörden rund 600 Kader der Organisation verhaftet, unter ihnen den einflussreichen Vize-Vorsitzenden Chairat al-Schater. Mursi wird vom Militär an einem unbekannten Ort ohne Anklage festgehalten. Die Muslimbruderschaft bezeichnete die Äußerungen Al-Sisis als „Einladung zum Bürgerkrieg“.

Zur Beruhigung der Lage in dem Land schlug der frühere Regierungschef unter Mursi, Hischam Kandil, vor, dass die Behörden die festgenommenen Führer von Mursis Muslimbruderschaft freilassen. Zudem sollten die juristischen Verfahren gegen sie eingestellt werden und alle Seiten auf Demonstrationen verzichten. Die Wiedereinsetzung Mursis in sein Amt - derzeit die Hauptforderung der Organisation - findet sich nicht unter Kandils Vorschlägen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle mahnte derweil alle Seiten zu Besonnenheit.

Al-Sisi hatte am Mittwoch in einer Rede an der ägyptischen Militärakademie vom „Kampf gegen den Terror“ gesprochen, ohne die Muslimbruderschaft konkret beim Namen zu nennen. Die Medien bringen die islamistische Bewegung mit den jüngsten blutigen Aktionen von Extremisten auf der Halbinsel Sinai an der Grenze zu Israel in Zusammenhang. Viele Medienhäuser des Landes unterstützen das Militär und erhalten von diesem nicht überprüfbare Informationen.

Die USA liefern Ägypten wegen der Unruhen seit dem Sturz Mursis vorerst keine weiteren Kampfjets. „Angesichts der gegenwärtigen Lage in Ägypten meinen wir, dass es derzeit nicht angemessen wäre, mit der Lieferung von F-16 fortzufahren“, sagte Pentagon-Sprecher George Little am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Verteidigungsminister Chuck Hagel habe Armeechef Al-Sisi von der Entscheidung unterrichtet, hieß es. Vorgesehen war die Lieferung vier weiterer Kampfjets.

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