Ägypten: Machtrausch und Resignation

Islamisten und Opposition kämpfen verbissen um die geplante neue Verfassung.

Kairo. Das Prinzip der Gewaltenteilung, das schon zu Zeiten von Präsident Husni Mubarak nicht geachtet worden war, gerät in Ägypten noch mehr in Vergessenheit. In allen Institutionen des Staates bekriegen sich die Anhänger der regierenden Islamisten und die Parteigänger der oppositionellen Nationalen Rettungsfront.

Islamisten und Opposition haben sich dabei ineinander verbissen wie zwei Kampfhunde. Besonders umkämpft ist die geplante neue Verfassung.

Die für Samstag geplante zweite Runde der Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf der Islamisten wird wahrscheinlich nicht abgesagt, obwohl sich die Mehrheit der Richter inzwischen weigert, den Urnengang zu überwachen. Mursi will das Projekt durchdrücken. Ob die mittelfristigen Pläne der regierenden Islamisten aufgehen, ist fraglich.

Denn ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Die Beschwerden über Manipulation und Fälschung bei der ersten Runde des Verfassungsreferendums waren so zahlreich, dass sich viele Ägypter an die letzten Wahlen unter Präsident Mubarak erinnert fühlen. Nach inoffiziellen Ergebnissen stimmten 56,5 Prozent der Wähler für den Verfassungsentwurf der Islamisten. Die Opposition behauptet jedoch, 65 Prozent hätten mit „Nein“ gestimmt.

Was der Muslimbruderschaft hilft, ist der desolate Zustand der Opposition. Zwar haben sich die linken und liberalen Parteien inzwischen zur Nationalen Rettungsfront zusammengeschlossen.

Ihr Wirken vor dem Referendum sei aber eher suboptimal gewesen, schreibt „Times“-Reporter Evan Hill im Blog des Fachmagazins „Foreign Policy“. Vor allem, dass sich die Opposition erst drei Tage vor dem Referendum gegen einen Boykott der Abstimmung entschieden habe, sei kontraproduktiv gewesen.

Nicht alle Kritiker der Islamisten sind jedoch kämpferisch. Viele Ägypter haben inzwischen resigniert. Auch die Tatsache, dass der christliche Business-Tycoon Naguib Sawiris seinen Fernsehsender ONTV an einen tunesischen Filmemacher verkauft hat, werten Beobachter als Zeichen dafür, dass Sawiris mit weiteren Gesetzen und Schikanen gegen regierungskritische Medien rechnet.

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