Atom-Skeptiker Röttgen brüskiert Parteifreunde

Die Union ist empört über den Umweltminister, der Kernenergie für ein Auslaufmodell hält.

Berlin. Die Opposition wurde in diesem Fall gar nicht gebraucht. Schrille Gegenreden produzierten die Parteifreunde schon selbst. Als "sprachlos über so viel Unfug" beschrieb sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer (CDU). Michael Fuchs, ebenfalls CDU und Fraktionsvize, sekundierte: Von "Willkür" sprach der Mittelständler. Gemeint war der von der CDU gestellte Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Der 44-jährige Rheinländer hatte seiner Partei per Interview empfohlen, sich möglichst bald von der Atomkraft zu verabschieden. Die Union müsse sich "gut überlegen, ob sie gerade die Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal machen will", sagte Röttgen - und wies daraufhin, dass die Kernenergie auch nach 40 Jahren in der Bevölkerung nicht hinreichend akzeptiert werde.

Im Koalitionsvertrag von CDU/ CSU und FDP haben die Parteien ein neues Energiekonzept vereinbart. Dies will die Bundesregierung bis zum Herbst vorlegen. Der Weiterbetrieb älterer Atomanlagen, die staatliche Abschöpfung von Gewinnen der Stromerzeugung aus Kernkraft zur Förderung erneuerbarer Energien sind Stichworte, die seit längerem in der Diskussion sind.

Nun hat Röttgen ein wenig den Schleier gelüftet. Die Laufzeit der Atomkraftwerke soll im Vergleich zu den Vereinbarungen der rot-grünen Vorgängerregierung um acht Jahre verlängert werden. Mehr als 40 Jahre Gesamtlaufzeit will Röttgen den Meilern aber nicht zugestehen. Danach sollen erneuerbare Energien den Anteil des Atomstroms wett- und Deutschland mit den Atomkraftwerken Schluss machen.

"Wir wollen die Kernkraft ablösen", sagt der Minister. Derzeit haben die Erneuerbaren nach seinen Worten einen Anteil von 16 Prozent an der Stromerzeugung, die Atomkaftwerke 23. Bei 40 Prozent Anteil von Wind-, Wasser-, Sonnenkraft und Co. sollen die Meiler überflüssig sein.

Das sieht Fuchs anders. "Volkswirtschaftlich ist es einen großer Schaden, funktionierende Kernkraftwerke abzuschalten, die weder durch ,Vogelschredderanlagen’ (Windkraft) noch durch ,Subventionsgräber’ (Solarzellen) ersetzbar sind", sagt er. "Sichere Kernkraftwerke können weiterlaufen, und zwar nicht nur 40 Jahre, wie Röttgen willkürlich festlegt, sondern 60 Jahre wie in den USA, oder noch länger."

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