Atom-Poker mit den Konzernen

Seit Donnerstag streiten Regierung und AKW-Betreiber über längere Laufzeiten.

Berlin. "Schaltet diese alten Atommeiler ab", rief eine Kernkraft-Gegnerin vor dem Kanzleramt. "Abschalten, abschalten", skandierte ein versprengter Demonstranten-Chor aus Umweltschützern und neugierig herbeigeeilten Bürgern in Richtung Büroräume von Angela Merkel. Und: "Wir wollen Wasser, Wind und Sonne - Atomkraft in die Tonne."

Doch so weit ist die Politik längst nicht. Zuvor war für Donnerstagabend ein Treffen hoher Regierungsbeamter unter Leitung von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) mit Kraftwerks-Vorständen der Reaktor-Betreiber im Amtssitz von Merkel angesetzt worden. SPD-Chef Sigmar Gabriel ließ sich nicht nehmen, den Demonstranten vor Kameras "für ihren Einsatz" zu danken. Der Ex-Umweltminister warnte die Kanzlerin vor einem Deal mit der Atomwirtschaft, "der am Ende zu neuem Atommüll und zur Behinderung des Ausbaus erneuerbarer Energien führt". Auch die Atomkraftgegner und Umweltschützer warnten vor einer Verlängerung der Laufzeit von Atommeilern weit über 2022 hinaus.

Unter Hochdruck soll bis Oktober ein umfassendes Energiekonzept geschmiedet werden, das auch die Verlängerung der Kernkraftwerks-Laufzeiten einschließt. In der Tat standen auf Pofallas Tagesordnung eine Diskussion über "Sicherheitsanforderungen an die KKW" sowie den "Stand der laufenden Verfahren zur Strommengenübertragung".

Im Parlament griff der neue Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) unterdessen seine beiden Amtsvorgänger Gabriel und Jürgen Trittin (Grüne) beim Thema Atommüll-Entsorgung frontal an, sprach sich aber für einen schnellen Übergang auf erneuerbare Energien aus. Das bedeutet eine möglichst kurze Überbrückungsphase für Atom- und Kohlestrom.

Der Verband der Erzeuger von Öko-Energien geht von etwa 50 Prozent Ökostrom im Jahr 2020 aus. Damit wird klar, was Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) meint, wenn er von einer zehnjährigen Laufzeitverlängerung der Atomenergie ausgeht - bis zur letzten Abschaltung 2032.

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