Assad kämpft im Windschatten der Ägypten-Krise

Syriens Präsident soll Chemiewaffen eingesetzt haben. UN-Experten dürfen nur ausgewählte Orte besuchen.

Damaskus. Raketenangriffe auf Wohngebiete, krude Propaganda und Verachtung für die Menschenrechte — es gibt vieles, was man dem syrischen Regime vorwerfen kann. Ein Mangel an taktischem Gespür gehört jedoch nicht dazu. Während die Europäer und die USA fieberhaft versuchen, die ägyptische Militärführung von ihrem Kollisionskurs abzubringen, nutzt Syriens Präsident Baschar al-Assad das Nachlassen der internationalen Aufmerksamkeit, um die Rebellen im Umland von Damaskus mit einem massiven Bombardement zurückzudrängen.

Ausgerechnet jetzt, da sich seit Anfang der Woche 20 UN-Chemiewaffen-Experten in Syrien aufhalten, gibt es furchtbare Bilder: Sie sollen einen Chemiewaffen-Einsatz belegen. Für das UN-Team geht es nicht nur um die Frage, ob chemische Kampfstoffe eingesetzt wurden, sondern auch darum, wer sie freigesetzt hat — das Regime oder die Rebellen?

Vielleicht kann diese Frage gar nicht geklärt werden. Streng genommen dürfen die Ausländer das Gebiet, das gestern vor Sonnenaufgang bombardiert wurde, nicht in Augenschein nehmen. Die syrische Regierung hat ihnen nur gestattet, drei vorab festgelegte Orte zu besuchen.

Der Führungsrat der Revolution in Damaskus veröffentlicht Bilder von toten Kleinkindern und Videos, die röchelnde junge Männer auf dem Krankenbett zeigen. Die Revolutionäre schreiben wenige Stunden nach der Attacke auf das östliche Umland von Damaskus einen offenen Brief an den Leiter des UN-Teams, Åke Sellström. Darin heißt es: „Wir teilen Ihnen mit, dass Sie auf syrischem Boden nicht mehr willkommen sind, wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Verbrechen zu untersuchen — und zwar umgehend.“

Die Zerstörung von Wohnvierteln, in denen sich Rebellen versteckt halten, ist nicht die einzige Katastrophe, die das vom Bürgerkrieg verwüstete Land in diesen Tagen erlebt. Aus den Siedlungsgebieten der Kurden nahe der türkischen Grenze fliehen die Menschen in Massen. Dort kämpfen nicht Rebellen und Regierungssoldaten gegeneinander, sondern „Dschihadisten“-Brigaden gegen kurdische Milizen. Mehrfach haben Rebellen und Regierungstruppen grenznahe Gebiete im Libanon unter Beschuss genommen.

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