Arztbesuch – Fehler bleiben oft im Dunkeln

Die Zahl der Beschwerden steigt. Patientenvertreter regt deshalb ein anonymes Melderegister an.

Berlin. Für tausende Patienten im Jahr wird der Besuch beim Arzt oder die Einweisung in die Klinik zum unkalkulierbaren Risiko. Arztfehler sind in Deutschland trotz aller Sicherheitsbemühungen keine Seltenheit. Immer wieder kommt es zu nicht entdeckten Knochenbrüchen, Fehlern bei Blutproben oder Mängeln bei Krebsoperationen. Eine Übersicht über Arztfehler hat aber niemand. Der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller (CSU) hat nun unter anderem ein anonymes Melderegister angeregt. Prompt kam ein Aufschrei der Ärzte.

10967 Patienten beschwerten sich nach den jüngsten Zahlen von 2008 bei den Gutachterstellen der Ärztekammern - fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In 1695 Fällen führten diese Beschwerden zu Schadenersatz in außergerichtlicher Schlichtung. Vor Gericht ernten Patienten oft Frust statt Geld. "Bei Arzthaftungsfällen ist Schadenersatz am schwersten durchzusetzen", sagt Thorsten Rudnik vom Vorstand des Bundes der Versicherten. "Betroffene kämpfen oft über Jahre vergeblich."

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit geht von rund 500 000 meist leichten Behandlungsfehlern allein in den rund 2100 Kliniken im Jahr aus. Bei einer Umfrage unter niedergelassenen Medizinern berichtete fast ein Drittel von regelmäßigen Fehlern. Qualitätsstudien zufolge gibt es bei vielen Standardsituationen in den Kliniken Verbesserungsbedarf - in immer wieder vorkommenden Ausnahmen wird schlicht nicht nach den gültigen Leitlinien behandelt.

Zöller denkt über eine anonyme Dokumentation der Fehler nach: "Registrieren heißt lernen." Ob es eine zentrale Datenbank werden soll oder bestehende Register vor Ort ausgebaut werden sollen, steht noch nicht fest. Verhandlungen über ein Patientenrechtegesetz sollen aber bald beginnen. Und auch bei den Schiedsstellen sowie vor Gericht will der CSU-Politiker ansetzen, so dass die Patienten leichter zu ihrem Recht kommen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, wetterte umgehend gegen ein "Zwangsregister". Und auch beim Aktionsbündnis Patientensicherheit betrachtet man den Vorstoß mit gemischten Gefühlen. "Ein zentrales Register hat den Nachteil, dass es sehr weit weg ist und sich viele nicht melden würden - anders als bei einer Stelle im eigenen Haus", sagt der Vorstand, der Berliner Ärztepräsident Günther Jonitz. "Gleichwohl hätte es den großen Vorteil, dass sich auch die melden können, in deren Häusern es noch keine entsprechenden Einrichtungen gibt."

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