Analyse: Guido Westerwelle will regieren – aber mit wem?

Die FDP tendiert vor der Bundestagswahl zur Union – hält sich aber dennoch alles offen.

Berlin. Eigentlich ist Guido Westerwelle in einer komfortablen Position. Fast täglich erreichen den FDP-Parteichef derzeit Koalitionsangebote. Und seit langem gab es auch keinen Jahresanfang mehr mit so wenig kritischer Begleitmusik aus den eigenen Reihen. Ende 2009, nach elf Jahren in der Opposition, wollen die Freidemokraten wieder in der Bundesregierung sitzen. Diesem Ziel wird derzeit in der Partei alles untergeordnet.

Doch hier beginnt für Westerwelle auch schon das unsichere Gelände. Bei CDU und CSU ist noch keineswegs ausgemacht, dass sie ebenfalls geschlossen und offensiv für ein Bündnis mit der FDP nach der September-Wahl werben werden. Die CSU von Horst Seehofer lehnt das offen ab, weil sie dem neuen Regierungspartner in München und Konkurrenten im bürgerlich-konservativen Lager nicht zu viel Raum geben will.

Auch einige in der CDU wollen sich Alternativen zu Schwarz-Gelb offen halten, zumal ein solches Bündnis nach den Umfragen zwar in Reichweite, aber alles andere als sicher ist. "Die Union muss zu Schwarz-Gelb gezwungen werden", glaubt man in der FDP-Spitze. Je schärfer die Krise, umso größer werde der Wunsch Angela Merkels zur Fortsetzung der Großen Koalition sein: "So bequem kann Merkel nie wieder regieren."

Die wiederholten Avancen von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier für eine Ampelkoalition werden von Westerwelle eher als Taktik gesehen. Sollte es im Herbst wieder eine rechnerische Mehrheit für Rot-Rot-Grün geben, werde es über kurz oder lang auch eine solche Regierung geben, ist man sich im FDP-Präsidium sicher. Notfalls gebe es dann eben wieder eine neue SPD-Führung. "Allenfalls als allerletzte Notlösung", glauben FDP-Strategen, komme für die FDP eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen infrage.

Dazu steht der Westerwelle-Satz weiter im Raum: "Wir dürfen uns nicht so fesseln, dass Oskar Lafontaine am Ende entscheidet, wer in Deutschland regiert." Abgesehen von der Linken herrscht allerdings die größte Funkstille immer noch zwischen Grünen und FDP. Die Führungsspitzen beider Parteien haben sich bislang auch intern nichts zu sagen. Zu groß sind noch die politisch-kulturellen Barrieren.

So wird die FDP zwar mit einer "Präferenz-Aussage" für eine Koalition mit der Union ins Wahljahr gehen. Ähnlich wie die meisten anderen Parteien wird sie alle anderen Varianten aber nicht mehr ausschließen.

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