Analyse: Erstes Abtasten nach Obamas Amtsantritt

Beim Treffen in München geht es ums Verhältnis zu Moskau. Und auch ums transatlantische.

München. Es wird spannend. Denn nach dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama werden in den internationalen Beziehungen die Karten neu gemischt. Und die Münchner Sicherheitskonferenz am kommenden Wochenende (6. bis 8. Februar) ist die erste wirkliche Gelegenheit herauszufinden, ob der Wechsel im Weißen Haus möglicherweise eine politische Zeitenwende bedeutet: Ein politisches Abtasten zwischen Ost und West, aber auch innerhalb des Westens.

Aller Augen werden sich in München auf den neuen US-Vizepräsidenten Joe Biden und den russischen Vize-Regierungschef Sergej Iwanow richten: Der Kälte- oder Wärmegrad der Beziehungen zwischen Washington und Moskau ist von entscheidender Bedeutung für den Rest der Welt, Europa eingeschlossen.

Russland hat mit dem vorläufigen Verzicht auf die Installation von Kurzstreckenraketen des Typs "Iskander" positiv auf ein Zeichen Obamas reagiert. Der neue US-Präsident will erst einmal prüfen, ob die von seinem Vorgänger George W. Bush in Auftrag gegebene Stationierung eines Raketenabwehrsystems in Tschechien und Polen überhaupt sinnvoll ist.

Nato-Diplomaten sagen, das Bündnis wolle Zusammenarbeit mit Moskau. Sie begrüßen den neuen "kooperativen Ton" in Washington, warnen aber vor Euphorie. Beim Konflikt mit dem Nato-Beitrittskandidaten Georgien im vergangenen August habe Russland "aggressiv" reagiert. Obama habe jedoch jetzt bessere Chancen als Bush, Moskaus Angst vor einer mit dem Beitritt Georgiens und der Ukraine näher rückenden Nato zu lindern.

Allerdings stehen den USA und der Nato schwierige Diskussionen mit Moskau über die Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle bevor, nachdem Russland 2007 aus dem - von vielen Nato-Staaten nicht ratifizierten - Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa ausstieg. Und Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer will mit Iwanow darüber sprechen, wie die zeitweilig auf Eis gelegten Beziehungen wieder belebt werden können.

Der neue US-Präsident steht vor dem Problem, die Beziehungen zu Russland an den Interessen der USA ausrichten zu müssen - zugleich aber nicht nur einen transatlantischen, sondern auch einen innereuropäischen Bruch zu vermeiden. Der europäische Teil der Nato ist in der Frage der Erweiterung um Tiflis und Kiew heftig zerstritten.

Dem Bündnis droht eine Spaltung zwischen alten und neuen Mitgliedern, deren Verhältnis zu Moskau von 50 Jahren Erfahrung mit der Sowjetunion geprägt ist. München könnte erste Fingerzeige geben, in welche Richtung sich das Verhältnis künftig bewegt.

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