Analyse: Die Politik-Einflüsterer vor dem Reichstag

In Berlin tummeln sich 5000 Lobbyisten. Sie nehmen Einfluss – sogar auf Gesetze.

Berlin. Undurchsichtiger Atomdeal, jubelnde Privatkassen undPharmakonzerne, dankbare Hoteliers - Schwarz-Gelb muss sich den Vorwurfder Klientelpolitik gefallen lassen. Die Verquickung von Lobby- undRegierungsarbeit ist jedoch nicht allein ein Phänomen der aktuellenKoalition.

In Berlin tummeln sich etwa 5000 Lobbyisten. Von der ABDA(Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) über den Golf Management Verband bis zum Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe. Die mitAbstand meisten Vertreter stellt die Gesundheitsbranche - ein Markt, auf dem weit mehr als 200 Milliarden Euro verteilt werden.

Der Alltag der Politik-Einflüsterer stimmt dabei selten mit demKlischee von Hinterzimmern, geheimen Runden und folgsamen Politikernüberein. Häufig geht es recht profan zu. Auch Bundestagsabgeordnetetrommeln - als Gewerkschaftsfunktionär, Unternehmer, Aufsichtsrat oderVerbandschef - in eigener Sache und lenken Gesetze in ihre Richtung.

Als eine der ersten Amtshandlungen setzte die Koalition auf Druck von FDP und CSU den Steuerrabatt für Hotels durch. Davon profitierte auchder "Mövenpick"-Miteigentümer August von Finck. Von dem erhielten CSUund die FDP großzügige Spenden.

Lobbyisten wollen "Argumentationshilfen" in Gesetzesverfahren geben.Was nicht verwerflich ist. Sachverstand ist wichtig, Verbände, Expertenund Gewerkschaften werden um ihre Meinung gebeten und inParlamentsausschüssen bei Gesetzesplänen angehört.

Über das Ziel hinausschießt eine Regierung, wenn Anwälte ganze Gesetze schreiben("Gesetzes-Outsourcing") und der Entwurf der Kanzlei eins zu einsweitergereicht wird. Wie vor einem Jahr im Wirtschaftsministerium nochunter Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei einem Vorschlag für einBankengesetz.

Vertreter der Energiekonzerne gehen seit Jahren in den Ministerienein und aus - das war auch unter Rot-Grün so. RWE-Chef Jürgen Großmannsoll mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) Skat gekloppt haben. UnterWirtschaftsminister Werner Müller, der nach der Politikerkarriere an die Spitze der Ruhrkohle AG wechselte, waren auch Eon-Manager an Berichtenzum Netzzugang beteiligt. Als zweifelhafter Höhepunkt in MüllersAmtszeit gilt die Ministererlaubnis für die Ruhrgas-Übernahme durch Eon.

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