Analyse: Die Bahn hat nun an der Tariffront Ruhe

Alle Beteiligten loben das Geschick von Ex-Gewerkschafter und Personalvorstand Norbert Hansen.

Frankfurt. Umarmen wollten sich die vier Männer nach der Tarifeinigung bei der Bahn dann doch nicht. "Vielleicht beim nächsten Mal", flachste Norbert Hansen, Personalvorstand des Staatsunternehmens Deutsche Bahn AG und im vergangenen Jahr noch Chef der größten Bahngewerkschaft Transnet. Sein Seitenwechsel hatte für viel böses Blut gesorgt, und darum ist der relativ geräuschlose Abschluss mit den konkurrierenden Gewerkschaften Transnet, GDBA und GDL umso bemerkenswerter.

4,5 Prozent mehr in zwei Stufen und 500 Euro Sonderzahlung im Dezember 2009 - so stellt sich nach außen die Einigung relativ schlicht dar. Der Teufel steckte bei den fast 40 Stunden langen Marathonverhandlungen im Frankfurter Messehotel in den Details der Arbeitszeitregelung. Seit Jahren verlangten die Gewerkschaften auf diesem Gebiet langfristigere und verlässlichere Planungen, bislang vergeblich. Mit dem Gewerkschafter Hansen auf der anderen Seite des Verhandlungstisches wurde das heikle Thema angepackt. Längere Ruhezeiten und zwölf freie Wochenenden sind den Schichtdienstlern nun sicher, acht davon sollen schon bei Aufstellung eines Jahresplans feststehen.

Ein schneller Abschluss war allein wegen Hansens Intimfeindschaft zur GDL kaum zu erwarten, die er in seinen Transnet-Zeiten mit harten Bandagen angegangen war. Noch in den Verhandlungen sprach ihm der neue GDL-Chef Claus Weselsky wiederholt das Misstrauen aus. Doch anders als sein Vorgänger Manfred Schell verlegte sich der diplomatischere Sachse am Verhandlungstisch offenbar nicht aufs Poltern. Am Ende lobte er sogar "die vom gegenseitigen Respekt geprägte Gesprächsatmosphäre".

"Das liegt alles an Hansens Verhandlungsführung", schwärmen die Bahn-Leute, die sich noch mit Grauen an die giftigen Auseinandersetzungen zwischen Schell und der früheren DB-Personalchefin Margret Suckale vom Vorjahr erinnern. An den Fähigkeiten des Nordfriesen als Tarifverhandlungsführer dürfte es nach der schnellen Einigung von Frankfurt kaum noch Zweifel geben. Mit dem unterschriftsreifen Vertrag von Frankfurt hat das Staatsunternehmen wenigstens an der Tarif- und Streikfront Ruhe und kann sich dem kriselnden Gütergeschäft, dem drohenden Verlust von Regio-Aufträgen und der politischen Bewältigung der Datenaffäre widmen.

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