Analyse: Ärzte warnen vor Wartelisten in Kliniken

Derzeit sind 5000 Stellen in Krankenhäusern nicht besetzt. Die Zahl könnte sich verdoppeln.

Berlin. VolleFlure, überlastete Ärzte und Warterei gehören zum Klinikalltag inDeutschland. Bei vielen Medizinern herrscht Frust. Die Patientenkönnten nach Warnungen der Ärzteschaft zunehmenden Ärztemangel baldimmer stärker zu spüren bekommen.

Die Bundesregierung will nun bessere Arbeitsbedingungen fördern,auch für die immer zahlreicheren Frauen im weißen Kittel, die nichtrund um die Uhr im Klinikbetrieb arbeiten wollen.

Der Chef des Marburger Bundes, Rudolf Henke, ist eigentlich einbesonnener Mann. Jetzt warnt er vor einer Verdoppelung der derzeit rund5000 offenen Klinik-Arztstellen auf rund 10.000 binnen vier Jahren:"Wir wären dann von einer Versorgungskrise und Wartelisten wie inEngland nicht mehr weit entfernt."

Nun steht Henke vor der nächsten harten Tarifrunde mit den Kommunenin der kommenden Woche. Insofern haben die Krankenkassen ein leichtesSpiel, die Äußerungen des Internisten als "Ouvertüre für dieanstehenden Tarifverhandlungen" zurückzuweisen, wie es Kassen-Verbandssprecher Florian Lanz formuliert. Immerhin: Seit 1998 ist dieZahl der Klinikärzte von 135.840 auf 153.799 gestiegen.

Doch seither hat sich auch einiges getan. Die Ärzte arbeiten nachpolitischen und tariflichen Vorgaben kürzer. Vor allem die Ärztinnenbevorzugen kürzere Arbeitszeiten, um nebenher eine Chance auf Familiezu haben. Dokumentationspflichten und Bürokratie haben zugenommen. DieZahl der einzelnen Behandlungsfälle ist binnen zehn Jahre um rund vierProzent gestiegen - wobei die Patienten immer kürzer im Krankenhaussind.

Dass vielen der rund 2100 Kliniken Ärzte fehlen, steht außerZweifel. Der Stellenteil der Fachpresse ist auf Rekordvolumenangestiegen. Das Deutsche Krankenhausinstitut kommt auf rund 5000unbesetzte Arztstellen. Vier von fünf Häusern haben demnachSchwierigkeiten mit der Stellenbesetzung.

Ein Teil des Problems ist hausgemacht. Die Kliniken stehen vielfachunter Druck, leiden aber auch unter verkrusteten Strukturen. Nachschwankenden Zahlen droht 15 bis 40 Prozent der Häuser längerfristigdie Pleite. Die Bundesländer sperren sich seit Jahren gegen Reformen.Sie legen den Bedarf fest - und halten nach Ansicht der Kassen mancheHäuser künstlich am Markt.

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