Afghanistan: Jung will von einem „Krieg“ nichts wissen

Ist es eine Verharmlosung – oder würde „Krieg“ vom eigentlichen Auftrag der Bundeswehr ablenken?

Berlin. Der Tod von drei jungen Bundeswehrsoldaten in Kundus hat erneut die Debatte um die Sinnhaftigkeit des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr belebt.

Trotz der jüngsten Todesfälle in Afghanistan denken weder Parlament noch Regierung zurzeit an einen Abzug der knapp 3800 dort stationierten Bundeswehrsoldaten. Mit Ausnahme der Linkspartei, die seit langem kategorisch gegen Militäreinsätze ist, sprachen sich Verteidigungspolitiker aller Fraktionen am Mittwoch für eine Fortsetzung des umstrittenen Einsatzes aus. Erst wenn Afghanistan über eine stabile Regierung verfüge, sei der Zeitpunkt gekommen, die Soldaten abzuziehen, war der einhellige Tenor.

Seit die Taliban im Norden Afghanistans, auch bedingt durch Zufuhr neuer Krieger über Pakistan, die Taktik geändert haben und mit Panzerfäusten offensive Dauergefechte mit der Bundeswehr anzetteln, wächst der Eindruck, die Truppe sei nicht ausreichend ausgerüstet. Verteidigungsexperten wie die FDP-Abgeordneten Birgit Homburger und Elke Hoff fordern daher den Einsatz von Kampfhubschraubern, um unter Feuer geratenen Bodentruppen schneller aus der Luft zur Hilfe eilen zu können.

Vor allem der Bundeswehrverband, Interessenvertretung der Soldaten, und der Wehrbeauftragte des Bundestages beklagen, dass eine verharmlosende Sprache mit dazu beiträgt, dass sich die Bundeswehr in Afghanistan nicht von einer breiten Bevölkerungsmehrheit getragen fühlt. Im Kreuzfeuer der Kritik steht Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU), der sich strikt weigert, von einem Kriegseinsatz zu sprechen.

Das ist umstritten. Da die internationale Schutztruppe (Isaf) es in Afghanistan in der Regel mit Hinterhalten und Selbstmordanschlägen von Talibankämpfern zu tun hat, wird im allgemeinen von einem "asymmetrischen Konflikt" gesprochen. Wann die Schwelle zum Krieg überschritten ist, bleibt dabei einstweilen unscharf. Die Bundesregierung ist der Auffassung, "Krieg" würde den Gegner in Afghanistan auf eine völkerrechtlich definierte Stufe stellen. Danach kann es Kriege nur zwischen Staaten oder zwischen einer Befreiungsbewegung und einer Kolonialmacht geben. Es handele sich aber hier um "Verbrecher, Terroristen und Kriminelle", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

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