„Brückenbauer“ in der Bredouille

Kirchenstreit: Der Vatikan sucht nach Wegen, die Krise zu meistern. Die Generalaudienz heute in Rom bietet Benedikt eine Gelegenheit.

Rom. Jetzt ist der Pontifex gefragt, der "Brückenbauer" Benedikt. Er ist auf die vier erzkonservativen Bischöfe der Piusbruderschaft zugegangen und hat ihre Exkommunikation aufgehoben, um seine römisch-katholische Kirche zu einen. Unruhe und Unmut über die versöhnliche Geste schwappen jedoch immer höher. Und für viele sieht es aus wie ein Schuss, der nach hinten losgegangen ist: Am rechten Rand der Kirche mit insgesamt mehr als einer Milliarde Gläubigen versucht der Vatikan, die Truppen zu sammeln, während vor allem der Reformflügel auf Distanz geht.

Er befürchtet einen Rückfall hinter das Zweite Vatikanische Konzil, das die Kirche in den 1960er Jahren auf den Reformweg mit einer Öffnung zum Judentum gebracht hatte. Welchen Weg kann der Pontifex einschlagen, um die Scherben notdürftig zu kitten?

Fehler eingestehen, die Wogen glätten, den Dialog verstärken - das sind die vordringlichsten Aufgaben in Zeiten der selbstverursachten Krise. Die Belastung durch den Holocaust und die agile katholische Reformbewegung haben dafür gesorgt, dass Benedikts Weichenstellung nirgends einen derartigen Sturm der Empörung ausgelöst hat wie gerade in seinem Heimatland.

Selbstkritik nach außen, was Fehler im Management und einen Mangel der Kommunikation im Vatikan angeht. Das ist das eine. Einer kircheninternen Suche nach "Verantwortlichen" dagegen dürften Grenzen gesetzt sein. Denn der konservative Joseph Ratzinger hat die Wiederannäherung der Traditionalisten durchaus gewollt, weil die "Einheit der Kirche" sein Ziel ist.

Wenn es darum geht, ob die Rücknahme der Exkommunikation der riskante Schritt zum falschen Zeitpunkt war, dann steht der Präsident der Päpstlichen Kommission "Ecclesia Dei", der kolumbianische Kardinal Darío Castrillon Hoyos, im Kreuzfeuer. Ihm hätte doch wohl klar sein müssen, welches Weltbild der Holocaust-Leugner hat. Und welche Rolle spielte dabei Benedikts engster Vertrauter, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der die ganze Sache schon als beigelegt betrachtet?

Der Ruf nach Sanktionen ist schon laut geworden. Hoyos könne jetzt nicht sagen, Williamson nicht gekannt zu haben, monierte der Mainzer Kardinal Karl Lehmann und verlangte "Konsequenzen". Gleichzeitig tut ihm der Papst leid, weil die Vermengung der Holocaust-Leugnung mit der Wiederaufnahme der vier Traditionalisten in der Öffentlichkeit ein Unglück sei.

Was auch immer Benedikts Berater ihm nahelegen, die nächste Gelegenheit, sich dazu zu äußern, böte sich heute: Die Generalaudienz lässt immer Raum für Statements. Sofern nicht auch Joseph Ratzinger diese Angelegenheit als erledigt ansieht, hat er sich doch von Williamson klar und offen distanziert.

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