Abitur Zurück zum Abi nach neun Jahren: Was für G9 nun alles geändert werden muss

Neue Schulräume, mehr Lehrer und viele andere Dinge: Komplizierte Fragen und Antworten zu den Eckpunkten zum lange ausgefochtenen Abitur-Konzept in NRW.

Abitur: Zurück zum Abi nach neun Jahren: Was für G9 nun alles geändert werden muss
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Düsseldorf. Das Abitur nach neun Jahren soll wiederkommen. So schnell wie möglich, aber durchdacht. So könnte man das Motto von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zusammenfassen. Die Eckpunkte zur Rückkehr von G 9:

Wann kehren die Schulen zu G 9 zurück?

Die Gymnasien in NRW kehren zum Schuljahr 2019/20 zum Abitur nach neun Jahren zurück — wenn der Zeitplan eingehalten wird.

Was ist mit Privatschulen?

In NRW sind mit 20 Prozent im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ viele Schulen in privater (etwa kirchlicher) Trägerschaft. Die Ersatzträger können frei entscheiden, ob sie G 8 oder G9 wollen.

Wie sieht der Fahrplan aus?

Am Mittwoch erhalten die Verbände wie etwa die Gewerkschaft „Erziehung und Wissenschaft“ den Referentenentwurf. Sie werden beim Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Anfang 2018 soll das Kabinett, vor den Sommerferien der Landtag das Gesetz verabschieden.

Ist die Entscheidung der Schulkonferenz bindend?

Zunächst einmal ist sie das. Allerdings haben die Schulträger ein Vetorecht. In schwerwiegenden Fällen können die Kommunen sogar auch nach dem Schuljahr 2019/20 eine Umwandlung beantragen. Ein Beispiel: Sollte das einzige Gymnasium in einem kleinen Ort bei G8 bleiben und alle anderen Gymnasien in umliegenden Orten zu G9 zurückkehren, und wäre in der Folge erkennbar, dass die G8-Schule wegen geringer Anmeldungen gefährdet sei, könnte der Schulträger beantragen, dass die Schule zu G9 zurückkehrt.

Eltern, die ihr Kind im Februar/März 2018 am Gymnasium anmelden, wissen folglich nicht, ob ihr Kind G 8 oder G 9 macht, oder?

Richtig. Diese Lücke im System erfordert viel Vertrauen von Eltern und Schüler in die weiterführende Schule ihrer Wahl. Eltern von Viertklässlern melden ihr Kind nämlich an einem Gymnasium an, obwohl offiziell noch gar nicht feststehen kann, wie die Schulkonferenz an jener Schule entscheiden wird. Schulministerin Gebauer erhofft sich aber, dass die Schulen früh eine Tendenz für ihre Entscheidung vorgeben. Viele Schulen wissen in der Praxis ohnehin schon jetzt, wie sie sich künftig aufstellen wollen.

Warum geht die Rückkehr zu G 9 nicht zügiger?

Das Bündnis „G 9 jetzt“ sammelt weiterhin Unterschriften für ein Volksbegehren. Die Elterninitiative will auf diese Weise ihre Forderungen durchsetzen, dass Gymnasiasten bis zur neunten Klasse noch unter den G9-Beschluss fallen. „Wir sammeln weiter Unterschriften für das Volksbegehren, weil 230 000 Kinder in NRW von der G9-Rückkehr ausgeschlossen werden“, sagte Initiator Marcus Hohenstein.

Was wird inhaltlich geändert?

Inhaltliche Änderungen werden nicht in Gesetzen, sondern in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geregelt. Gebauer legte am Dienstag aber auch zu der schulfachlichen Ausgestaltung einige Eckpunkte vor. So soll tendenziell die zweite Fremdsprache wie beim alten Abitur wieder erst in der 7. Klasse eingeführt werden. Zurzeit beginnen Schüler damit in der 6. Klasse. Das müsse laut Gebauer allerdings noch mit den anderen weiterführenden Schulen koordiniert werden, wo die Schüler beispielsweise Französisch auch ab der 6. Klasse lernen. „Nur eine Vereinheitlichung gewährleistet Durchlässigkeit der Schulformen“, sagte Gebauer. Eben jene Durchlässigkeit wurde von Gewerkschaften und Verbänden kritisiert. Wer von der Realschule auf das Gymnasium wechselte, hatte es bei G 8 schwerer — auch, weil die Stundenanzahl der Sekundarstufe I sich unterschied. Auch das soll wieder angepasst werden.

Wie ändert sich die Stundenzahl?

Künftig werden in der Sekundarstufe I — also von Klasse 5 bis 10 — 188 Wochenstunden absolviert. Davon sind acht nicht verbindlich. Bei G 8 waren es 163 Wochenstunden, von denen fünf nicht verbindlich waren. Diese Zusatzstunden können von Schulen als individuelle Förderstunden genutzt werden. De facto nutzen die meisten Schulen sie aber als zusätzliche Stunden. Das ist erlaubt im Sinne einer besonderen Schulprofilierung.

Geht man also von der vollen Stundenzahl aus, absolvieren G8-Kinder in der Sekundarstufe I im Schnitt 32,6 Schulstunden pro Woche, beim neuen G9 werden es 31,3 Stunden pro Woche sein. Der insgesamt höhere Unterrichtsumfang soll vor allem der Stärkung der der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer, der ersten Fremdsprache und der „ökonomischen Kompetenzen“ dienen. So soll das Fach Politik zum Fach Politik/Wirtschaft ausgebaut werden. Und: Schüler an G9-Gymnasien nehmen künftig an den zentralen Prüfungen am Ende der 10. Klasse teil und können damit die Mittlere Reife erwerben.

Gibt es dann in der Folge Ganztag oder Halbtag?

Die Schulkonferenzen entscheiden selbst darüber, ob sie einen Ganztags- oder Halbtagsbetrieb durchführen wollen. Von der Stundenzahl ist der Halbtagsbetrieb mit G 9 besser realisierbar als im G 8. Für die Schulen ist es praktischer, da sie im Halbtag keinen Platz für eine Mensa bereitstellen müssen. Da viele Schulen mit der Einführung von G 9 mehr Klassenräume benötigen — in Köln etwa 150 im Jahr 2026/27 — ist es auch für Schulen praktikabler, auf Räume zur Ganztagsbetreuung zu verzichten.

Und was ist mit G 8?

Das Abitur nach acht Jahren soll besser werden. „Natürlich liegt der Fokus gerade auf der Rückkehr zu G 9, weil die Zeit drängt. Aber schon bald werde ich mich auch der weiteren Unterstützung der G8-Schüler widmen“, sagte die Schulministerin.

Was soll das alles Land und Kommunen kosten?

Kosten konnte das Ministerium nicht benennen. Es werde für die Kommunen einen pauschalen Ausgleich geben. Man habe für die Einschätzung einen externen Gutachter engagiert. In jedem Fall werde das Land 2300 zusätzliche Lehrer einstellen müssen. Bei Spätwechslern, die sich noch nicht zum übernächsten Schuljahr festlegen, ist die Kostenübernahme hingegen noch überhaupt nicht geklärt.

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