Massentierhaltung Zu viel Nitrat im Grundwasser in NRW

Massentierhaltung ist Hauptursache für die gesundheitsgefährdende Konzentration. Die Region Niederrhein ist besonders betroffen.

Düsseldorf. Die EU hat Deutschland wegen der Trinkwasserverschmutzung zum wiederholten Mal ins Visier genommen. Der Vorwurf: die hohe Nitratbelastung im Grundwasser. Das betrifft in besonderem Maße Nordrhein-Westfalen. Laut NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) sind rund 40 Prozent der Grundwasservorkommen so stark mit Nitrat belastet, dass ohne Aufbereitung kein Trinkwasser mehr gewonnen werden kann.

Schuld ist vor allem die Massentierhaltung. Zum Beispiel im Münsterland werden Unmengen an Gülle produziert. Aber auch in den grenznahen Regionen des Niederrheins oder der Städteregion Aachen ist das Grundwasser stark mit Nitraten belastet. Diese kommen vermutlich mit den Gülle-Importen aus den Niederlanden über die Grenze. Allein im Jahr 2012 wurden laut NRW-Umweltministerium rund 1,4 Millionen Tonnen aus dem Nachbarland auf Äckern in Nordrhein-Westfalen ausgebracht. Das waren rund 80 Prozent der Gülle, die von niederländischen Betrieben insgesamt nach Deutschland exportiert wurde.

Das Problem wird nicht in absehbarer Zeit zu lösen sein. „Selbst wenn der Gebrauch von Gülle heute verboten würde, wären die Nitratwerte zehn oder mehr Jahre lang unverändert“, sagt Lanuv-Sprecher Peter Schütz. Grund dafür sei, dass Nitrat sehr langsam im Wasser absinkt. Er nennt auch die in den vergangenen zehn Jahren extrem ausgeweiteten Mais-Anbauflächen als Ursache für die steigende Nitratbelastung: „Diese Pflanzen können Gülle schnell aufnehmen.“ Zudem werden die Pflanzenreste — freilich außer den Maiskolben — in Biogasanlagen verwertet. „Das Nitrat, das wir jetzt in das Grundwasser einbringen, werden wir frühestens in zehn Jahren messen“, so Schütz.

Ein weiterer Aspekt des Gülle-Problems ist, dass Trinkwasser immer aufwendiger aufbereitet werden muss, erklärt Schütz. Die Gleichung mehr Nitratbelastung gleich teurere Aufbereitung stimme. „Auf Sicht wird der Verbraucher mehr Geld für sauberes Trinkwasser bezahlen müssen“, ist sich der Lanuv-Sprecher sicher.

„Nitrat wird im Körper zu Nitrit“, erklärt Harald Gülzow, Vorstandsmitglied des Vereins zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse. Das Nitrit wiederum behindert oder blockiert den Transport von Sauerstoff in den Blutkörperchen. Kleine Kinder und Säuglinge sind besonders gefährdet, weil sie einen anderen Stoffwechsel haben als ältere Menschen. Aber auch für Erwachsene sei der Stoff gefährlich: „Mit der Aufnahme von Nitrat steigt das Krebsrisiko“, so Gülzow.

Laut EU-Richtlinie aus den 1990er Jahren sind 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser maximal erlaubt — ein Wert, der laut Gülzow in NRW immer wieder überschritten wird: „Wir haben unter anderem massive Probleme in Kleve und dem Raum Aachen-Heinsberg. Dort sei etwa die Hälfte der Brunnen über den Grenzwert hinaus belastet, am Niederrhein rund jeder dritte“, erklärt Gülzow.

NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat sich des Themas längst angenommen und fordert vom Bund die Möglichkeit, in den Gebieten mit belastetem Grundwasser strengere Anforderungen ausweisen zu können. Bisher sei dies laut geltender Düngeverordnung nicht möglich, eine Unterscheidung zwischen belasteten und unbelasteten Gebieten sei dort nicht vorgesehen.

Für dementsprechend dringend hält Remmel die Novellierung der Düngeverordnung: „Die Bundesregierung ist aber nicht in der Lage, einen vernünftigen Entwurf zur Novellierung der Düngeverordnung vorzulegen. Damit wir in den Ländern aber endlich die entsprechenden Maßnahmen einleiten können, um die Nitratbelastungen dauerhaft zu senken, benötigen wir schnellstmöglich eine neue Verordnung mit strengeren Vorgaben“, schimpft Remmel.

„Wir haben von Nordrhein-Westfalen aus schon die ersten umfassenden Vorschläge zur Novellierung der Düngeverordnung gemacht, da war der heutige Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier, noch Bundesumweltminister. „Seitdem verzögert und verhindert die Bundesregierung die Umsetzung einer effektiven und nachhaltigen Düngeverordnung für Deutschland“, ist Remmel überzeugt.

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