Super-Gen bestimmt Sozialstruktur von Roten Feuerameisen

Lausanne/London (dpa) - Bei Roten Feuerameisen entscheidet eine Art Super-Gen darüber, wer Königin wird. Es bestimme auch die Sozialstruktur der Kolonie, berichten Genetiker in der britischen Fachzeitschrift „Nature“.

Das Super-Gen bestehe aus 616 einzelnen Genen und mache etwas mehr als die Hälfte eines Erbgutträgers (Chromosom) aus. Dieses „soziale Chromosom“, wie es die Forscher nennen, liege in zwei Varianten vor: B und b.

Weil jede weibliche Ameise in ihren Zellen zwei Chromosomen-Sätze habe, entscheide die Kombination aus B und b, welche soziale Struktur die Kolonie haben werde - so wie die Geschlechtschromosomen X und Y zum Beispiel beim Menschen bestimmen, ob der Nachwuchs männlich oder weiblich wird.

Das Team um den Biologen John Wang von der Universität Lausanne in der Schweiz untersuchte mehr als 500 Rote Feuerameisen (Solenopsis invicta) aus mehreren Kolonien im Süden der USA. Ergebnis: Wenn alle Ameisen einer Kolonie in ihrem Erbgut die Kombination BB trugen, dann akzeptierten sie auch nur eine einzige Königin - und zwar nur eine BB-Königin. Wenn hingegen in einer Kolonie auch Bb-Arbeiterinnen lebten, dann wurden mehrere Königinnen akzeptiert - und zwar nur solche mit der Bb-Kombination. Eine BB-Königin wird nach Angaben der Forscher von Bb-Arbeiterinnen sofort getötet.

Bislang war man davon ausgegangen, dass lediglich ein einzelnes Gen für dieses Phänomen sorge: Gp-9. Es liefert den Bauplan für ein Protein, das Duftstoffe an sich bindet. Anhand dieser Duftstoffe erkennen die Arbeiterinnen ihre Königin. Bei den Bb-Arbeiterinnen wird dieses Protein vermutlich nicht richtig gefaltet, so dass ein anderer Königinnen-Duft akzeptiert werde.

Allerdings unterscheiden sich die Kolonien noch in anderen Aspekten: In einer Kolonie mit nur einer Königin ist diese größer und fruchtbarer als in den Mehr-Königinnen-Kolonien. Beide Typen unterscheiden sich auch darin, wie stark die Königin während ihrer Geschlechtsreife Fett ansetzt, wie groß die Arbeiterinnen sind und wie viele Spermien die Ameisen-Männchen erzeugen. „Deswegen ist es wahrscheinlich, dass andere Gene mit beteiligt sind“, vermuteten die Forscher zu Beginn ihrer Untersuchung.

Schließlich fanden sie heraus: Es wird nicht allein das Gen Gp-9 weitergegeben, sondern eine lange Einheit mit mehr als 600 Genen. „Damit wurde zum ersten Mal ein Super-Gen identifiziert, das ein soziales Verhalten bestimmt“, sagte der Zweitautor der Studie, Yannick Wurm, nach einer Pressemitteilung der Queen Mary University of London. Solche Super-Gene seien bereits bekannt von Flügel-Mustern bei Schmetterlingen.

Die Rote Feuerameise kam ursprünglich nur in Brasilien und Argentinien vor. In den 1930er Jahren wurde sie in den Süden der USA eingeschleppt. Inzwischen lebt sie auch in China und Australien.

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