Wuppertal Lupus-Krankheit: Wie eine Wuppertalerin mit der Immunerkrankung lebt

Prominente Fälle wie Selena Gomez lenken den Blick auf die Lupus-Krankheit. Der Wuppertalerin Mira Winterstein ist das gerade recht. Sie hat selber Lupus.

Wuppertal: Lupus-Krankheit: Wie eine Wuppertalerin mit der Immunerkrankung lebt
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Es war am 14. September dieses Jahres, als ein Foto der Sängerin und Schauspielerin Selena Gomez (25) auf Instagram für Furore sorgte. Es zeigte die Ex-Freundin von Justin Bieber nach der Transplantation einer Niere, die sie von ihrer Freundin Francia Raisa gespendet bekommen hatte. Gomez leidet an einer aggressiven Form der seltenen Autoimmunkrankheit Lupus. Eine schwere Einschränkung — und doch sagt Mira Winterstein: „Solche Fälle sind Gold wert.“

Das klingt zunächst einmal herzlos. Aber in Wahrheit hängt Wintersteins ganzes Herz an der Frage, wie Menschen mit dieser Erkrankung das Leben erleichtert werden kann. Der 35-Jährigen braucht auch niemand erzählen, was Lupus bedeutet: Im Alter von elf Jahren zeigten sich bei ihr die ersten Symptome. Und wenn sie herunterrattert, was ihr in den 24 Jahren seither widerfahren ist, kann einem schwindelig werden.

Als die Krankheit ausbricht, wiegt sie 18 Kilogramm. Zwei Jahre später sind es durch Wassereinlagerungen 80 Kilo geworden. Mit 14 Jahren bekommt sie eine Hirnhautentzündung, alle zwei Jahre fallen ihr die Haare komplett aus. Sie erhält Chemotherapien, hat mit 16 Nierenversagen, erblindet zwischenzeitlich und muss regelmäßig an die Dialyse. 2009 erhält sie in Düsseldorf eine neue Niere, die einer verstorbenen 82-Jährigen entnommen wurde.

Heute muss Mira Winterstein 26 Tabletten am Tag einnehmen. Nicht alle trifft es so heftig. Winterstein stammt gebürtig aus Indien und wurde nach dem Tod ihrer Eltern von einem deutschen Ehepaar aus der Nähe von Hamburg adoptiert. Der Verlauf der nicht ansteckenden Krankheit, bei der sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet, ist bei Asiaten und Afrikanern in der Regel heftiger. In Deutschland sind gerade einmal 40 000 diagnostizierte Fälle bekannt. Lupus hat viele Gesichter, kann sich nur auf der Haut niederschlagen oder innere Organe angreifen, kommt in Schüben und kann jahrelang ruhen. Aber die schwer zu diagnostizierende Krankheit führt ein Nischendasein.

Darum ist Winterstein so froh über prominente Fälle wie Selena Gomez, Seal, Michael Jackson oder Lady Gaga. Sie erhöhen die öffentliche Aufmerksamkeit, genauso wie die regelmäßige Erwähnung der Krankheit in der US-Serie „Dr. House“. Denn diese Aufmerksamkeit wird benötigt, um Fortschritte in der Bekämpfung zu ermöglichen.

Ungeachtet ihrer persönlichen Belastung engagiert sich Mira Winterstein für andere Lupus-Patienten. Seit 2006 ist die gelernte Kinderpflegerin verrentet, zwei Jahre später zog sie nach Wuppertal, um dort für die Lupus-Selbsthilfegemeinschaft zu arbeiten, den bundesweiten Dachverband für mehr als 60 regionale Selbsthilfegruppen. Die Regionalgruppe Wuppertal hat sie selbst gegründet. Winterstein ist zuständig für Seminare und Veranstaltungen und betreut vor allem Kinder und Jugendliche, die erkrankt sind.

Denn sie weiß, wie zermürbend der Krankheitsverlauf gerade für junge Menschen mitunter sein kann: „Man verliert so viel Zeit, wenn man an der Dialyse hängt.“ Sie selbst musste schließlich mit dem Leistungsfußball aufhören, weil jeder Ballabpraller zu heftigen Hämatomen führte. „Ich habe mir dann bei jedem Schub eine neue Aufgabe gesucht. Mal habe ich Gedichte geschrieben, dann mit Kohlestift gezeichnet. Heute nähe ich Teddybären, wenn es mir ganz schlecht geht.“

Dem Einsatz der Selbsthilfegemeinschaft war es auch zu verdanken, dass im Jahr 2001 die Lupus-Langzeitstudie ins Leben gerufen wurde. Sie sollte gesichertere Informationen über den Krankheitsverlauf beschaffen und die Therapieversorgung verbessern. Die ersten zehn Jahre wurden über Eigenmittel und Spenden finanziert, für die Fortführung der Studie seit 2011 in Kooperation mit der Rheumatologie der Düsseldorfer Uniklinik gab es auch Mittel von Pharmafirmen.

Einen großen Anteil an der Spendenakquise hatte die langjährige Schirmherrin der Selbsthilfegemeinschaft, Karin Clement, Ehefrau des früheren NRW-Ministerpräsidenten und späteren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement. Doch 2010 legte sie ihr Ehrenamt nach zwölf Jahren nieder. „Seither suchen wir dringend eine geeignete Person für eine neue Schirmherrschaft“, sagt Winterstein.

Sie selbst wird auch nicht davon ablassen, sich für Betroffene einzusetzen. „Ich war schwer krank und bin schwer krank. Aber ich bin auch proaktiv.“

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