Im Abfall liegen Schätze und Chancen

Washington (dpa) - Im Abfall stecken Schätze, die noch lange nicht alle gehoben werden. In einer großen Schwerpunktserie der US-Fachzeitschrift „Science“ blicken Experten auf den Müll in der Welt und die Chancen, ihn zu vermeiden oder besser als bislang zu nutzen.

Eine zentrale Rolle im menschlichen Wasserkreislauf spielt eine weiße Schüssel, die seit Ende des 19. Jahrhunderts von Europa aus ihren Siegeszug um die Welt antrat: die Toilette mit Spülung. Inzwischen gibt es nicht nur Modelle, die weniger Wasser verbrauchen, sondern auch solche, die Urin und feste Bestandteile für die Kompostierung getrennt sammeln. In der Millionen-Metropole Hongkong wird seit 50 Jahren verstärkt Seewasser zur Toilettenspülung verwendet und damit etwa 20 Prozent Trinkwasser gespart.

Doch die Entwicklung geht weiter: Noch in diesem Monat wollen verschiedene Forschungsteams ihre Prototypen in Seattle (USA) vorstellen. Ihr Ziel ist ein Preis, den die Bill- und Melinda Gates-Stiftung für die „Neuerfindung der Toilette“ ausgeschrieben hat. Das Haupthindernis dabei sei bisher kultureller Art und vor allem im Westen verbreitet, schreibt „Science“-Redakteur Greg Miller: Die Kultur des „Wegspülens und Vergessens“.

Für ein großes Problem, die Entfernung von Stickstoff aus dem Abwasser, präsentiert Mark van Loosdrecht von der Universität Delft (Niederlande) eine moderne Technik: Bei den sogenannten Anammox-Verfahren setzen Bakterien Nitrate und Nitrite ohne Sauerstoff wieder zu Stickstoff um, der in die Luft entweicht. Damit werde die schädliche Überdüngung von Gewässern vermindert.

„Wir haben im Jahre 2000 eine der weltweit ersten Anlagen in Hattingen errichtet, inzwischen gibt es in Deutschland schon etwa dreißig,“ sagte Jörg Hennerkes vom Ruhrverband in Essen der Nachrichtenagentur dpa. „Dieses Verfahren braucht nicht nur weniger Energie, es erfordert auch keinen Eintrag von Kohlenstoff von außen. Das läuft sehr gut.“

Mit festem Bio-Abfall beschäftigt sich Bruce Logan von der Pennsylvania State University in University Park (USA) und stellt Prototypen mikrobiologischer Brennstoffzellen vor. Sie nutzen die Eigenschaften bestimmter Bakterien der Gattung Geobacter, aus Abfallprodukten der Gärung wie etwa Essigsäure direkt Strom zu erzeugen. Obwohl noch am Anfang weisen diese Entwicklung doch auf neue, breite Wege zur Nutzung biologischer Abfälle hin.

Einige Problemstoffe könnten sehr leicht wiederverwendet werden, wenn sie global sauber getrennt gesammelt würden, so etwa der Kunststoff Polypropylen. Und auch für die theoretisch leicht wieder verwertbare Stoffklasse der Metalle gibt es noch große Verbesserungsmöglichkeiten. Zwar werden weltweit die häufigen Metalle wie Eisen, Nickel, Kupfer und andere zum größten Teil wiederverwertet, dennoch zeigt eine genauere Betrachtung, dass auf dem gesamten Weg der Metalle von der Erzmine aus viel verloren geht - bei Nickel beispielsweise etwa 48 Prozent.

Weiteren Handlungsbedarf gibt es bei seltenen Elementen wie etwa Lithium und Neodym, die eine zunehmend wichtige Rolle in der Hochtechnologie spielen. Hier könnte die beste Alternative eine weltweite konsequente Rückführung und Wiederverertung aller Geräteteile sein, was natürlich schon beim Design beachtet werden muss. Nicht die Technik sei hier das Problem, heißt es in „Science“, sondern die Etablierung von Kreislaufsystemen. Und das erfordere eher gesellschaftliche und soziale Impulse.

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