Viele Häuser unbewohnbar Tornado hinterlässt "Schneise der Verwüstung" im Kreis Viersen

Kreis Viersen. Am Morgen nach dem folgenschweren Wirbelsturm bei Viersen am Niederrhein gehen die Aufräumarbeiten weiter. „Da gibt es viel zu tun - vor allem für die Dachdecker“, sagte ein Sprecher der Stadt Viersen am Donnerstag.

Viele Häuser unbewohnbar: Tornado hinterlässt "Schneise der Verwüstung" im Kreis Viersen
Foto: dpa

Zunächst wurden viele Dächer provisorisch mit Folie abgedeckt. Rund 150 Menschen sind insgesamt von den Schäden betroffen. Die gute Nachricht des Stadtsprechers: Keines der Häuser ist einsturzgefährdet, alle Menschen hätten zu Hause übernachten können - auch im Stadtteil Viersen-Boisheim, wo der Tornado besonders stark wütete.

Der dunkle Wirbelsturm wälzte am Mittwochabend über Felder hinweg, Bäume brachen um, Dächer wurden abgedeckt. Die bedrohliche Szene mit mindestens einem Schwerverletzten spielte nicht in den USA, sondern im Raum Viersen am Niederrhein.

Nach dem Tornado: Im Kreis Viersen wird aufgeräumt
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Es ist kurz vor 18 Uhr am Mittwochabend, als der Tornado in dem Ortsteil Boisheim auftaucht und in einem schmalen Streifen auch Nachbarortschaften erfasst. Ein 23-Jähriger, der aus seinem Fahrzeug aussteigt, wird durch herabstürzende Äste schwer verletzt. Es gibt auch einen Leichtverletzten.

Aus dem Auto und dem Dachfenster filmen Augenzeugen die mächtige Windhose, die Erde und teilweise auch Hagel durch die Luft wirbelt, wie auf Videos in den sozialen Netzwerken zu sehen ist. Zahlreiche Bäume stürzen durch die Naturgewalt um.

Die A61 nahe der niederländischen Grenze war von Sperrungen betroffen. Auf der Bahnlinie vom rheinischen Mönchengladbach ins niederländische Venlo musste laut Polizei der Verkehr ruhen. Auch mehrere Straßen blieben zunächst gesperrt, weil umgeknickte Bäume den Weg blockierten. Am Donnerstagmorgen rollte der Verkehr auf der A61 wieder, es gab laut Polizeiangaben keine Sperrungen mehr.

Die Bahnstrecke zwischen Venlo und Mönchengladbach musste ebenfalls gesperrt werden, berichtete die Polizei in einer ersten Bilanz. Noch am Abend konnte die Strecke wieder freigegeben werden.

Edith Schaul in Viersen-Boisheim steht gerade im Garten, als das Unwetter aufzieht. Erst Wolken, es donnert, dann wird auch Erde aufgewirbelt. Sie sucht schnell Schutz im Haus. „Ruckzuck, in fünf Minuten war es vorbei“, schildert sie wenige Stunden später.

Abgedeckte Dächer an vielen der Häuser, Baumreste und auch ein Wohnwagen, der durch die Luft gewirbelt in Büschen landete, hat die Windhose zurückgelassen. Noch bei Tageslicht machen sich die Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW, Anwohner und Dachdecker daran, die Schäden zu beseitigen. Mit Besen, Leitern und Werkzeug.

Allein im 2000 Einwohner zählenden Viersen-Boisheim haben nach ersten Schätzungen 40 bis 50 Häuser nun Schäden. Mehrere von ihnen sind nach den Angaben der Stadt sogar so stark beschädigt, dass die Bewohner vorerst nicht in ihre Wohnungen zurückkehren können. Es müssen Notunterkünfte her. Auch der Friedhof Boisheim hat laut Angaben der Stadt Viersen schweren Schaden genommen. Er müsse mindestens noch am Donnerstag geschlossen bleiben. Die Nettetaler Straße werde in Kürze wieder freigegeben, hieß es mitten in der Nacht.

Am Donnerstagmorgen räumten städtische Mitarbeiter in Boisheim weitere Straßen frei. „Wir gehen davon aus, dass die Aufräumarbeiten relativ schnell abgeschlossen sein werden“, sagte ein Stadtsprecher. Es handele sich nach ersten Erkenntnisse um oberflächliche Schäden. Die Schadenshöhe sei aber noch unklar.

Windhose zieht über Viersen
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„Eine Windhose hat eine Schneise der Verwüstung durch den Kreis Viersen geschlagen“, berichtete der Kreis Viersen am Mittwoch zunächst mit Verweis auf die Feuerwehr auf seiner Facebookseite. Es sei aber glücklicherweise örtlich begrenzt nur ein schmaler Streifen, wie sich bei den zahlreichen Einsätzen dann herausgestellt habe. Neben Viersen-Boisheim erfasste der Sturm auch Nettetal-Schaag, Schwalmtal-Dilkrath, Schwalmtal und teilweise auch Niederkrüchten.

Der Wirbelsturm, den Wetterunternehmer Jörg Kachelmann auf seiner Internetseite als „sehr eindrucksvoll“ bezeichnet, steht nicht allein da. In Deutschland seien in diesem Jahr bisher mindestens sechs Tornados beobachtet worden, schreibt Kachelmann. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat am Mittwochabend noch keine näheren Daten zum Tornado. Informationen, wie stark genau die Windhose war, ließen sich erst im Nachhinein rekonstruieren, wenn man die Schäden vor Ort bewerten könne, sagt ein DWD-Meteorologe in Offenbach.

Auch die kleine Gemeinde Gangelt (Kreis Heinsberg) wurde am Mittwochabend von einem Unwetter getroffen. Der Starkregen setzte etliche Straßen unter Wasser, wie die Feuerwehr mitteilte. Auch Keller liefen voll. Die Rettungskräfte befreiten die Straßen vom Wasser und schippten den Schlamm von der Fahrbahn. Verletzte gab es nicht. Wie hoch der Schaden ist, war am Morgen noch unklar. dpa/red

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