Wildkatzen erobern Arnsberger Wald zurück

Arnsberg (dpa). Forstwirtschaftsmeister Winfried Junkerwirft die Heckklappe seines Bullis zu und lacht: „Der Geruch kommtnicht von uns, das ist der Lockstoff für die Wildkatzen.“ Zusammen mitRevierleiter Carsten Arndt ist er unterwegs, um Fotofallen imArnsberger Wald aufzustellen.

Seit Anfang Februar sind die Förster aufder Jagd nach Wildkatzen.

„Es hat zwar häufiger Berichte überSichtungen gegeben, den Nachweis, dass diese streng geschützte Tierartauch wieder hier lebt, haben wir aber erst jetzt“, sagt Arndt. Seitmehr als 100 Jahren galt die Wildkatze im Arnsberger Wald alsausgerottet.

Fünf verschiedene Exemplare tappten bisher in die Fotofallen. Ein mitBaldrian-Konzentrat behandelter Holzstab lockt die Tiere vor die Linseder mit einem Wärmesensor gesteuerten Kamera. „Weil der Blitz beimLaden dann noch einen Pfeifton macht, schauen die meisten Tiere direktin die Kamera“, sagt Arndt. Neben Wildkatzen wurden so auchWildschweine, Sikawild, Dachs, Fuchs und Vögel von den insgesamt 20 imWald verteilten Kameras geblitzt.

Der Baldrian hat eben auch eine anziehende Wirkung auf andereTierarten. „Aber die Wildkatzen sind so grell auf den Lockstoff, dieschubbern sich richtig am Stock.“ Die Fotofallen-Jäger haben schoneinige Fellspuren gesammelt, die auf DNA untersucht werden sollen.„Dann können wir vielleicht klären, ob die Tiere vielleicht aus anderenWildkatzen-Populationen stammen“, sagt Jan Preller vom LandesbetriebWald und Holz in Arnsberg. Denn in der Eifel, im Rothaargebirge und imRaum Höxter gibt es ebenfalls noch Wildkatzen.

„Früher sind die Tiere als blutrünstige Räuber dargestellt worden“,zitiert Preller die erste Ausgabe von Brehms Tierleben. Den Hintergrundfür Märchen über Wildkatzen, die den Nachwuchs von Rehen gerissen habensollen oder sogar einen Jäger so verletzt, dass er später starb, siehtArndt in blankem Eigennutz der Bauern. „Die wollten, dass sie Prämienfür den Abschuss bekommen.“

Auch Berichte über von Wildkatzen getötete Hasen, Singvögel oderNiederwild stammen nach Einschätzung von Arndt aus dem Reich derLegenden. „Die Hauskatze sitzt als Stubentiger vorm Fressnapf und machtsich dann Spaß bei der Jagd auf Vögel. Die Wildkatze muss mit ihrerEnergie möglichst gut haushalten und sitzt vermutlich eher eine Stundeim Gras und schnappt sich dann eine vorbeilaufende Maus.“

„Mit den Hauskatzen hat die Wildkatze aber nichts zu tun, obwohl siefast genauso aussieht“, sagt Preller. Mindestens 8000 Jahre gebe es dieArt in Deutschland. „Die Hauskatze stammt aus Ägypten und ist hiereigentlich erst seit 1100 Jahren heimisch.“ Wildkatzen seien etwasrobuster gebaut und haben im Gegensatz zur Hauskatze einen buschigenSchwanz.

Die Forstleute freut der Nachweis. Zum einen sei die Wildkatze einIndikator für die Qualität des seit 30 Jahren naturnah bewirtschaftetenArnsberger Waldes, und zum anderen sieht Preller in dem Tier auch einenBotschafter. „Das ist ein Türöffner, um den Menschen auch abstrakteNaturschutz-Themen näher zu bringen.“

Wie viele Wildkatzen im Arnsberger Wald leben, sei noch nicht klar. „Eswerden nicht viele sein“, vermutet Arndt. Aber damit diese wenigenExemplare nicht zufällig von Jägern geschossen werden, appelliert er:Auch wenn es erlaubt sei, Katzen, die weiter als 200 Meter vom nächstenGehöft entfernt gesichtet werden, zu schießen, sollen die Jäger beiKatzen mit grau-getigerter Wildfärbung darauf verzichten. „Das könntedann auch ein Wildkatze sein.“

Und auch grau- melierte „Verkehrsopfer“am Straßenrand sehen die Förster nun in anderem Licht. „Es wäre gut,wenn die Straßenmeister, die so etwas finden, uns benachrichtigen.“

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