Wie Adlerdame „Branka“ die Eifel von oben sieht

Die Vögel der Greifvogelstation Hellenthal heben manchmal mit Kamera ab. So wissen die Falkner, was die Vögel tun, wenn sie weg sind.

Wie Adlerdame „Branka“ die Eifel von oben sieht
Foto: Greifvogelstation Hellenthal

Hellenthal. Die Videobilder, die eine kleine Kamera am Fuß eines Adlers gemacht hat, sind beeindruckend: Majestätisch schwebt das Tier aus der Greifvogelstation in Hellenthal über der Eifel. Plötzlich kippt der Vogel in gut 1000 Metern Höhe ab. Er lässt sich einfach nach vorne fallen und stürzt zu Boden. Die Windgeräusche lassen die Geschwindigkeit von bis zu 260 Kilometer pro Stunde erahnen. Die kleine Kamera am Greif des Adlers kommt mit der Fokussierung der Linse gar nicht mehr nach. Das Filmmaterial macht das umso beeindruckender.

Wie Adlerdame „Branka“ die Eifel von oben sieht
Foto: Greifvogelstation Hellenthal

Die Möglichkeit, einem Greifvogel eine Kamera mit auf den Flug zu geben, ist nicht neu. Doch die Technik, die bisher gängig war, gefiel Karl „Kalli“ Fischer nicht. Dem Chef und Mitinhaber der Greifvogelstation in Hellenthal gefiel das Geschirr nicht, das den Tieren umgebunden wurde, um eine eckige Kamera damit im Schulterbereich zu befestigen. „Das Geschirr drückte den Tieren auf die Sehnen und behinderte sie beim Fliegen“, sagt Fischer. Er hat deswegen etwas Neues ausprobiert, bei dem niemand mehr die Vögel festhalten müsse, um ihnen diverse Gurte umzulegen.

Tatsächlich: Ganz locker stehen die Tiere vor dem erfahrenen Falkner auf einem Holzkant oder einem Tisch. Während er mit ihnen plaudert, ohne sie in irgendeiner Weise zu fixieren, legt er ihnen ein kleines Band mit einer sehr flachen Kamera um das Bein und befestigt es mit einem schlichten Knoten. „Komm Branka, jetzt sei keine Zicke“, flachst er mit einer 17-jährigen Adlerdame, die direkt vor ihm steht und ihn mit ihren Adleraugen nahezu liebevoll mustert. Die beiden bewegen sich wirklich auf Augenhöhe. Würde dem Tier etwas nicht passen, es hätte die Möglichkeit, seinem Gegenüber mit seinem mächtigen Schnabel im Bruchteil einer Sekunde schmerzhafte und gefährliche Verletzungen im Gesicht zuzufügen.

Doch der Vogel bleibt ganz ruhig, während sich der Falkner an seinem rechten Greif zu schaffen macht. Überlegen es sich die mächtigen Tiere in letzter Sekunde doch noch anders, dann ist es ein Leichtes für sie, die Kamera in wenigen Sekunden mit ihrem scharfen Schnabel zu entfernen. Branka tut das nicht. Von der großen Flugwiese im Wildfreigehege Hellenthal, in dem die Greifvogelstation beheimatet ist, geht die Adlerdame samt Kamera in die Luft. Sie fliegt Richtung Oleftalsperre.

Die Kamera, 140 Gramm leicht, ist so am Bein angebracht, dass die Linse im Flug bei „eingeklapptem Vogelfahrwerk“, wie Fischer es nennt, zur Erdoberfläche zeigt. Branka ist 17 Jahre alt und fünf Kilogramm schwer. Bei guter Pflege, sagt Fischer, können Tiere wie Branka 50 Jahre und älter werden. Viele der 240 Tiere in der Greifvogelstation können mit Kamera in die Luft gehen.

Doch warum bindet Fischer ihnen die kleinen Kameras an den Fuß? Um Einblicke in die Zeit zu erhalten, die die Vögel nicht in der Greifvogelstation verbringen, sagt der Falkner. „Wir sehen jetzt, was ein Vogel tatsächlich macht, wenn er Richtung Oleftalsperre verschwindet.“ Manchmal steht er einfach nur im Baum und knabbert zum Zeitvertreib ein paar Blätter. Ein anderer rennt eine Runde über den Waldboden oder genießt die Sonne auf einem Schuppendach. Fischer schmunzelt, als er sagt: „Wir sind überrascht, wie weit die Vögel doch rausfliegen, das sind viel mehr Kilometer, als gedacht. Das hatten wir nicht auf dem Radar.“

Es gibt aber auch noch eine andere Situation, in der die ganz besondere Vogelperspektive gefragt ist. Dann nämlich, wenn die Kameravögel zur lebenden Drohne werden. Denn: „Eine Drohne macht Krach und benötigt Strom, das gilt für unsere Vögel nicht.“ Bei Veranstaltungen wie etwa den Karl-May-Festspielen in Elspe sind die Vögel aus Hellenthal dabei. Auch hier setzen Fischer und sein Team auf einen lockeren Umgang. So werden die Tiere in den Autos, die sie zu den Veranstaltungsorten bringen, nicht in irgendwelche Käfige gesteckt. Stattdessen verbringen sie in der Regel die Fahrt auf dem Rücksitz.

greifvogelstation-hellenthal.de

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