UN warnen vor "zweiter Welle von Toten" in Pakistan

Die internationale Unterstützung reicht bislang nicht aus: Die Vereinten Nationen warnen vor dramatischen Folgen, sollte nicht schnell mehr Hilfe nach Pakistan fließen. Die pakistanischen Taliban missbrauchen die Not der Menschen unterdessen für ihre Propaganda.

Islamabad/Neu Delhi. Die Vereinten Nationen haben vor einer "zweiten Welle von Toten" bei der Flutkatastrophe in Pakistan gewarnt und von der Internationalen Gemeinschaft weitere schnelle Hilfe gefordert.

Noch am Mittwoch wollten die UN in New York in einem Aufruf um internationale Unterstützung in Höhe von "einigen hundert Millionen Dollar" bitten, sagte der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Pakistan (OCHA), Maurizio Giuliano am Mittwoch.

Die US-Regierung stockte ihre Hilfe für die Flutopfer in Pakistan um 20 Millionen auf insgesamt 55 Millionen Dollar (42 Millionen Euro) auf. Auch die EU sagte weitere Hilfsgelder in Höhe von 10 Millionen Euro zu, als Ergänzung zu jenen 30 Millionen Euro, die bereits Ende Juli als Soforthilfe gegeben wurden.

"Bislang ist die Anzahl der Toten begrenzt, weniger als 2000 Menschen sind gestorben", sagte Giuliano in Islamabad. Sollte aber nicht schnell Hilfe geleistet werden, bestehe die große Gefahr, dass viele weitere Menschen an Krankheiten und Unterernährung sterben könnten. "Wir müssen schnell sein, wenn wir die zweite Welle von Toten verhindern wollen."

Die UN gehen bislang von 14 Millionen Menschen aus, die "direkt oder indirekt" von der Flut betroffen sind. Davon sind den Angaben zufolge mindestens sechs Millionen akut auf "Unterstützung zum Überleben" angewiesen. Giuliano sagte am Mittwoch, bis zum Vorabend hätten internationale Zusagen über insgesamt 140 Millionen Dollar vorgelegen.

Die US-Regierung liegt mit Zusagen von inzwischen 55 Millionen Dollar an erster Stelle der Geberländer.Die pakistanischen Taliban forderten die Regierung in Islamabad und die Opfer der Jahrhundertflut in Pakistan zum Verzicht auf internationale Hilfe auf. Im Gegenzug boten die radikal-islamischen Aufständischen an, 20 Millionen Dollar (etwa 15 Millionen Euro) Katastrophenhilfe zur Verfügung zu stellen.

Der Sprecher der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), Maulana Azam Tariq, sagte der Nachrichtenagentur dpa per Telefon: "Alle Unterstützung, die kommt, ist von den Christen und Juden, die die Feinde des Islams sind. Die Menschen sollten gewarnt sein, dass die Ungläubigen uns versklaven wollen, indem sie die Hilfe stellen."

Sollte die Regierung ausländische Unterstützung ablehnen, würden die Taliban mit 20 Millionen Dollar einspringen.Die Behörden evakuierten unterdessen weitere gefährdete Gebiete. Pakistanische Medien berichteten, in den Provinzen Punjab und Sindh seien Dutzende weitere Dörfer überspült worden. Im Norden Pakistans starben nach Angaben der Polizei bei Blitzschlägen 32 Menschen.

Tote wurden auch aus der südwestpakistanischen Provinz Baluchistan gemeldet: Dort starben nach Angaben des Katastrophenschutzes sechs Menschen, nachdem der Fluss Nari über die Ufer trat.Die offizielle Katastrophenhilfe für Pakistan ist nach Einschätzung der Hilfsorganisation Oxfam Deutschland bisher völlig unzureichend. "Im Moment stehen umgerechnet nur 2,40 Euro pro Flutopfer zur Verfügung", kritisierte Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland, in Berlin.

Nach Zahlen der Vereinten Nationen seien dem Land in den ersten zehn Tagen der Flutkatastrophe weniger als 45 Millionen US-Dollar (rund 32 Millionen Euro) für Nothilfen zur Verfügung gestellt worden. "Das ist extrem viel weniger als bei vergleichbaren Krisen." Die Zusagen insgesamt sind höher.

Unter den Toten der Flutkatastrophe in der nordindischen Himalaya- Region Ladakh sind nach jüngsten Angaben des indischen Außenministeriums fünf westliche Ausländer. Es handele sich um drei Franzosen, einen Italiener und einen Spanier, sagte ein Sprecher der Leitstelle des Ministeriums am Mittwoch in Neu Delhi.

Die Deutsche Botschaft teilte mit, ihr lägen "weiterhin keine Hinweise auf tödlich verunglückte oder schwer verletzte Deutsche" vor.Erdrutsche und Überschwemmungen nach sintflutartigen Regenfällen am vergangenen Donnerstag kosteten nach offiziellen Angaben in Indien 185 Menschen das Leben. Zu 220 Ausländern - darunter 51 Franzosen und sechs Deutschen - habe man weiterhin keinen Kontakt, sagte der Sprecher der Leitstelle.

Insgesamt werden nach offiziellen Angaben rund 400 Menschen vermisst, darunter 28 indische Soldaten.Bei einem Erdrutsch nach starken Monsunregenfällen kamen im Westen Nepals sieben Menschen ums Leben.

Die Zeitung "Republica" berichtete am Mittwoch, im Distrikt Bajura seien am Vortag vier Häuser unter den Erdmassen begraben worden. Die Rettungsarbeiten würden in dem abgelegenen Gebiet durch anhaltenden Regen und weitere Erdrutsche behindert. Die nächste Straße sei einen Tag Fußmarsch entfernt.

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