Trend: Kaffee aus der Kapsel

Maschine an, Plastik- oder Alubehälter rein: Bequemlichkeit und Lebensgefühl stehen gegen Umweltbelastung und Preis.

Düsseldorf. Süßigkeiten in Adventskalendern sind drei- bis viermal teurer als die gleichen Leckereien in den Standardverpackungen. Sie meinen, der Verbraucher mache das nur mit, weil doch bald Weihnachten sei? Falsch. Für die Kaffeebranche ist das ganze Jahr über Advent. Durch das Abpacken in Kapseln vergoldet sie das Alltagsprodukt Kaffee für sich.

Der Trend verstärkt sich, nachdem die Premiummarke Nespresso längst nicht mehr allein auf dem Markt ist und sogar Aldi Süd jüngst mit der Billig-Kapsel-Marke Expressi ins Regal drängte. Wobei „billig“ selbst beim Discounter in Anführungsstriche zu setzen ist: Immerhin kostet eine Tasse aus der 70-Euro-Maschine 19 Cent. Doch das ist nichts gegen den Nespresso-Preis: Hier zahlt der Kunde für die edelsten Sorten 42 Cent pro Kapsel.

Wen das nicht schreckt, der käme vielleicht ins Grübeln, wenn ihm das Produkt pfundweise statt in eleganten Stangen à zehn Kapseln angeboten würde. Während man ein Pfund Espresso sonst für rund 7 Euro bekommt, liegt der Preis hier bei knapp 30 Euro, bei den Standardkapseln von 35 Cent etwas darunter.

Ist doch vergleichsweise günstig, könnte selbst der Kapsel-Marktführer noch argumentieren. Rangiert er beim Preis doch immer noch weit hinter dem teuersten Kaffee der Welt: der Kopi Luwak, Katzenkaffee genannt, kostet — auch ohne in Kapseln verpackt zu sein — etwa das Fünffache. Dafür hat man dann das zweifelhafte Vergnügen, ein Gebräu zu trinken, dessen Bohnen zunächst von einer exotischen Katze gefressen und hernach unverdaut ausgeschieden wurden.

Doch zurück zur mit konventionellem Kaffeemehl gefüllten Kapsel. Sie wird immer beliebter, und dafür gibt es gute Gründe: Bei Nespresso mit seinem Werbebotschafter George Clooney ist es neben der hohen Qualität vor allem ein Lebensgefühl. Dem Kunden wird als Clubmitglied geschmeichelt, er darf sich als Teil einer exklusiven Familie fühlen.

Vor allem geht es — ebenso wie bei anderen Anbietern wie Tassimo (Kraft Foods), Cafissimo (Tchibo) und auch Aldi — um die Bequemlichkeit: Maschine an, Kapsel rein, Espresso fertig. Und das Ergebnis, das lässt sich auch für die „Aldi-Billig-Kapsel“ sagen, mundet oftmals kaum weniger als der Espresso beim Italiener.

Dass sich die Konkurrenz so verschärft, hat auch mit Gerichtsprozessen zu tun, in denen sich ein Wettbewerber von Nespresso, die Ethical Coffee Company, durchsetzte. Seither dürfen Nachahmer Produkte auf den Markt bringen, die in die Nespresso-Maschinen passen.

Die Zeitschrift „Ökotest“, die Kaffeekapseln in ihrem Oktober-Heft testete, kommentierte den Prozess-Ausgang so: Verlierer sei nicht nur das hinter Nespresso stehende Unternehmen Nestlé, sondern die ganze Welt — aus Umweltgründen. So würden noch mehr Anbieter ihren Kaffee in Kapseln füllen.

Schon die 10 000 Tonnen Kapselkaffee, die im vergangenen Jahr in Deutschland verbraucht wurden, entsprächen einer Zahl von zwei Milliarden Kaffeekapseln. Das ergäbe, hintereinander gelegt, eine Strecke von 60 000 Kilometern — eineinhalb mal um die Erde.

Ob es nun die mit viel Energieeinsatz erzeugten Aluminiumkapseln von Nespresso sind oder die Plastikprodukte der Konkurrenten — der Kapselberg wird mit dem Markteintritt von Aldi weiter zunehmen. Angesichts dessen appelliert Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe: Wer als Kunde auf Umweltfreundlichkeit und einen guten Preis Wert lege, solle klassische Kaffee- oder Espressomaschinen verwenden, die mit Pulver oder Bohnen befüllt werden.

Es gibt freilich noch eine Alternative. Wer die praktischen und gegenüber Espresso-Vollautomaten oft deutlich günstigeren Nespressogeräte nutzen möchte, gleichzeitig weniger pro Tasse bezahlen und Müll vermeiden will, kann wiederbefüllbare Kapseln (Beispiel „Coffeeduck“) verwenden.

Das Kaffeemehl wird in die unzählige Male wiederverwendbare Kapsel gegeben. Mit etwa 14 Cent pro zubereitetem Espresso landet man dabei sogar unter dem Aldi-Preis und kann immer mal wieder neue Sorten ausprobieren — zum Beispiel auch Kaffee aus fairem Handel.

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