Bisher einzigartig Ein Bochumer Taxiunternehmer setzt auf eine komplette Elektroflotte

Firmenchef Markus Wahl will die Umrüstung bis 2021 abgeschlossen haben. Sein Betrieb ist damit Vorreiter in NRW — und womöglich auch in Deutschland.

Bisher einzigartig: Ein Bochumer Taxiunternehmer setzt auf eine komplette Elektroflotte
Foto: Ekkehard Rüger

Bochum. Der Innenhof in Bochum-Weitmar lässt nicht gerade Innovation vermuten. Eine Schlosserei war hier einmal untergebracht, später ein Schrotthändler und dann ein Kirmesaussteller. Seit dem Jahreswechsel ist Markus Wahl der neue Pächter. Und der Taxiunternehmer ist glücklich. Der Platz ist ausreichend, hier stört sein Gewerbe nicht — und hier gibt es eine starke Stromleitung. 80 Ampere liegen im Boden, optimale Voraussetzungen für die beiden Schnelllade- und die drei Schonladestationen, die schon installiert sind.

Wahl hat gewagt, was noch kein anderer NRW-Taxibetrieb mit Flotte vor ihm gewagt hat. Er hat begonnen, seinen Betrieb, der mit zwölf Konzessionen zu den vier größten in Bochum zählt, auf reinen Elektrobetrieb umzustellen. Vier der zwölf Fahrzeuge fahren schon mit Strom. Zu Jahreswechsel sollen zwei weitere hinzukommen. Auch aus anderen Bundesländern ist bisher nichts Vergleichbares bekannt.

Läuft alles nach Plan, dann ist die Umrüstung in vier Jahren abgeschlossen. Die Mitte der 1950er Jahre gegründete Bednarz Taxi GmbH, von Wahl im Jahr 2011 übernommen, würde dann, bis auf ein Taxi mit Verbrennungsmotor für die Langstreckenaufträge und ein Großraumtaxi, die Kunden komplett mit vollelektrischen Fahrzeugen durch Bochum fahren.

Knapp 200 000 Euro sind in die Umrüstung investiert worden. „Und ich habe es noch keinen Moment bereut“, versichert Wahl. Im Gegenteil, er sei super zufrieden und stolz darauf, das Projekt angegangen zu sein. Die Wirtschaftlichkeitsauswertung bestätigt ihn Monat für Monat: „Die Ersparnis pro Kilometer beträgt bei den Verbrauchskosten sieben Cent.“ Zehn Cent koste ein Verbrennungs-, etwas über drei Cent der Elektromotor je gefahrenem Kilometer.

Dazu kommen niedrigere Betriebskosten durch den geringeren Verschleiß: Aufgrund der stärkeren Bremswirkung des Elektromotors werden Bremsbeläge geschont; die Inspektionen kosten weniger als die Hälfte im Vergleich zum Verbrennungsmotor. Und die in der Herstellung schlechtere Ökobilanz der E-Autos verbessert sich mit jedem gefahrenen Kilometer, zumal der zunächst auf zwei Jahre geschlossene Vertrag mit den Bochumer Stadtwerken dem Unternehmen die Belieferung mit 100-prozentigem Ökostrom garantiert.

Dabei hätte Wahl den Schritt vielleicht nie gewagt, wäre nicht sein Vermieter, Nachbar und Berater Bernd Hoose gewesen. Der hat eigentlich eine Druckerei, „aber mit Energiesparen befasse ich mich schon, seitdem ich volljährig bin“. Täglich, so erzählt Wahl, sei Hoose an seiner Zentrale vorbeigekommen und habe ihn irgendwann gefragt, wie groß eigentlich der Anteil der Kurzfahrten von zwei bis vier Kilometern sei. „40 Prozent, habe ich geantwortet. Und da hat er mich gefragt, warum ich dann keine Elektroautos einsetze.“

Ein erster Testlauf mit einem e-NV200 von Nissan endete nach drei Tagen. Der Kleinbus war wegen seiner harten Federung nicht geeignet. Aber ein folgender mehrwöchiger Herz-und-Nieren-Test des Nissan Leaf überzeugte Wahl. Nissan ist mit den beiden Fahrzeugtypen bisher der einzige Hersteller, der E-Taxis anbietet. Seit März dieses Jahres sind vier Leafs in Bochum im Einsatz; eine der beiden Ladesäulen hat der Hersteller dem Taxiunternehmen gleich mitgestellt.

Seither haben sich die Abläufe im Betrieb verändert. Wenn absehbar ist, dass ein Wagen gerade nicht benötigt wird, kommt er an die Ladestation. Die 30-Kilowatt-Batterie reicht bei voller Ladung je nach Fahrweise für 180 bis 200 Kilometer. Ein halbstündiger Stopp an der Ladestation kann die Tagesreichweite noch einmal um 130 Kilometer erhöhen. Ist das Taxigeschäft in der Nacht beendet, wird die langsamere, aber auch batterieschonendere Nachtladestation angefahren. Die beiden Fahrzeuge, die zum Jahreswechsel hinzukommen sollen, werden bereits einen leistungsstärkeren Akku haben, der dann für knapp 300 Kilometer reichen soll.

Als Wahl im Frühjahr mit dem Einstieg in die E-Mobilität loslegte, war das Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) eine Präsentation vor dem Rathaus wert. Inzwischen ist auch die Klima-Expo NRW auf den Unternehmer aufmerksam geworden. Seit 2014 zeichnet die Initiative der Landesregierung in 1000 Schritten positive Beispiele für den Klimaschutz in und aus NRW aus. Das Projekt läuft noch bis 2022. Die Bochumer Benarz Elektro Taxi GmbH ist seit gestern der Schritt 259 auf diesem Weg.

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