Studie: Tausende Kinder in Irlands Kirchen-Heimen missbraucht

London/Dublin. Gegen die katholische Kirche in Irland werden in einem Ermittlungsbericht schwere Missbrauchs-Vorwürfe erhoben: Tausende Kinder sind demnach in kirchlichen Einrichtungen von Nonnen und Priestern sexuell oder seelisch missbraucht oder geschlagen worden.

Rund 35 000 Kinder waren bis in die 80er Jahre in Erziehungsanstalten, Schulen oder auch Heimen für Behinderte untergebracht. Rund 2500 Zeugen sagten aus, dort missbraucht oder misshandelt worden zu sein. Der Bericht ist das Ergebnis neun Jahre langer Ermittlungen einer Sonderkommission und wurde am Mittwochnachmittag in Dublin vorgestellt.

Die Kommission war im Jahr 2000 ins Leben gerufen worden und ging Vorwürfen nach, die bis zu 60 Jahre zurückreichen. Für den Bericht wurden mehr als 100 Einrichtungen in ganz Irland untersucht. Die Ermittlungen, bei denen Fälle bis Ende der 80er Jahre unter die Lupe genommen wurden, kosteten den Staat rund 70 Millionen Euro.

Dem Bericht zufolge wusste die Kirche von den Übergriffen und hatte einige Peiniger versetzt. Dabei sei die Angst vor einem Skandal größer als die Sorge um das Wohl der Kinder gewesen. "Im besten Fall wurden die Peiniger versetzt, aber für das Kind wurde nichts gemacht. Im schlimmsten Fall wurden dem Kind noch Vorwürfe gemacht", hieß es in dem Bericht.

Kinder seien so sehr vernachlässigt worden, dass sie sich Lebensmittel aus Abfalleimern holten. Zudem seien die Unterkünfte kalt und karg gewesen. Das ganze System habe Betroffene eher wie Gefangene als wie Kinder behandelt. "Die Schänder werden nicht verfolgt", schimpfte Missbrauchsopfer John Kelly. "Niemand wird zur Rechenschaft gezogen, deswegen fühlen sich die Opfer leer und betrogen", sagte er am Rande der Veröffentlichung des Berichts.

Bereits 2003 war ein Zwischenbericht mit den Aussagen von 700 Zeugen veröffentlicht worden. Die Männer und Frauen berichteten, dass sie unter anderem mit Lederriemen und Stöcken geschlagen wurden. Andere wurden sexuell missbraucht. Einige beschrieben, wie sie von mehreren Tätern gleichzeitig vergewaltigt wurden. Die Regierung stellte den Opfern Entschädigungszahlungen in Aussicht.

Der Skandal kam nach einer TV-Dokumentation Ende der 90er Jahre ans Licht. Die Journalistin Mary Raftery sagte, die Kinder seien in "Häusern des Horrors" gefangen gewesen, teils bis sie 16 Jahre alt waren. Viele der mutmaßlichen Täter sind bereits tot.

"Die Kinder waren zu einem Leben unter einem Regime des körperlichen, sexuellen und emotionalen Missbrauchs verurteilt", sagte Maeve Lewis von der Opferorganisation One in Four. "Während es die Institutionen nicht mehr gibt, müssen die Menschen, die heute zwischen 30 und 80 Jahre alt sind, tagtäglich mit diesen Erfahrungen fertig werden."

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