Trauer um Loveparade-Opfer zieht Menschen nach Duisburg

Der Schmerz ist unvergessen. Die offizielle Trauerzeit für die Opfer der Loveparade ging am Samstag zu Ende. Doch die Erinnerung an den Schrecken bleibt lebendig. Und die Diskussion um Verantwortung auch.

Duisburg (dpa). Sechs Wochen nach der Loveparade-Katastrophehaben zahlreiche Menschen am Samstag den Duisburger Unglücksortaufgesucht - unter ihnen auch Opfer und Angehörige. Anlass war dasoffizielle Ende der Trauerzeit. 21 Menschen waren bei einem Gedrängeam 24. Juli ums Leben gekommen. Mehr als 500 wurden bei derMassenpanik verletzt, manche von ihnen schwer.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete unterdessen von einem Durcheinander bei aktuellen Absprachen zwischen Polizei, Stadt, Feuerwehr und Veranstalter am Unglückstag. Eine Telefonkonferenz sei „chaotisch und undiszipliniert“ verlaufen, zitierte das Magazin einen Ermittler. Noch während des Krisengesprächs habe es offenbar bereits Schwerverletzte gegeben.

An einer Mauer am Unglücksort wurde am Morgen eine Gedenktafel angebracht. Auf der schlichten, etwa 70 mal 100 Zentimeter großen Bronze-Tafel steht geschrieben: „Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade - 24. Juli 2010.“ Den ganzen Tag lang schlug ein Künstler im Unglückstunnel eine Trommel.Am Nachmittag waren Bürger dazu aufgerufen, die zahlreichen Trauergaben im Unglückstunnel wie Kerzen, Plüschtiere oder Fotos einzusammeln und in einen containerähnlichen Kubus mit einer Glasfront zu legen. Er soll für die nächsten Monate eine Art provisorische Gedenkstätte bilden.

Eine 30-Jährige aus Duisburg, die bei der Katastrophe schwer verletzt wurde, erinnerte an die Momente des Schreckens: „Ich habe wirklich Glück gehabt. Die haben mich mehr tot als lebendig rausgezogen.“ Unter ihr sei ein Mädchen gestorben. „Man liegt drauf und kann nichts machen. Ich habe ihr noch zugeredet. Ich konnte in ihre Augen sehen. Und dann sah ich, wie sie starb.“Über ihr hätten sieben oder acht weitere Menschen gelegen. Sie selbst sei wenig später bewusstlos geworden. Sie erlitt schwere Verletzungen an einem Bein und wurde sieben Stunden lang operiert. Die Ärzte hätten gesagt, ihr Bein werde nicht mehr zu 100 Prozent gesund.

Der Vater einer 16-jährigen Verletzten sagte, seine Tochter schlafe wegen der großen psychischen Belastung nach wie vor jede Nacht nur zwei Stunden. Sie sei auch eingekeilt gewesen.

Viele Trauergaben spiegeln die große Trauer der Angehörigen und Freunde um den Verlust ihrer Lieben wider. Ein gerahmtes Porträtfoto zeigt einen freundlichen jungen Mann mit wachem Blick und fröhlichen Augen. „Wir werden dich nie vergessen. Deine Familie“, steht darunter mit blauem Filzstift geschrieben. An anderer Stelle ist anklagend zu lesen: „Gott! Du hast so viele Engel. Warum hast Du unsere genommen?“ Immer wieder wird „Warum?“ gefragt.

Nicht nur Duisburger Bürger aller Altersgruppen kamen zum Unglücksort. So hatte etwa eine ältere Frau aus Essen am Morgen im Radio von dem Aufruf gehört und war spontan nach Duisburg gefahren. Sie fand auf Anhieb ihre mit Rosen-Aufklebern verzierte, weiße Trauerkerze wieder, die sie kurz nach dem Unglück im Tunnel aufgestellt hatte, und legte sie neben den Kubus.

Die drei jungen Frauen Sabrina, Kati und Yvonne reisten aus Bonn an. Sie waren am 24. Juli auf dem Weg zur Loveparade, kamen aber wegen des Unglücks nicht weiter als bis Düsseldorf. „Wir wollen Mitgefühl zeigen für die Angehörigen. Das Unglück darf nicht vergessen werden. Es war ja Zufall, dass wir nicht dabei waren“, sagte eine von ihnen.

Die letzten sichtbarenSpuren der Trauer im Tunnel werden nach der Katastrophe am Sonntag beseitigt. Die Stadtreinigungbegann im Unglückstunnel mit aufwendigen Reinigungsarbeiten,wie die Polizei mitteilte. Sie beseitigte Überreste von Kerzen undTrauersträußen sowie Zettel, Plakate und Absperrungen.

Der Tunnel sollte nach sechswöchiger Trauerzeit am Sonntag im Laufe des Tages wieder fürden Verkehr freigegeben werden. Die genaue Uhrzeit stand vorerst nichtfest. war, wieder für den Verkehr freigegeben werden.

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