Senioren-Haus statt Pflegeheim

In Willich haben ältere Menschen ihr Schicksal in die Hand genommen — und wohnen nach eigenen Vorstellungen.

Willich. Plan A — so heißt ein ehrenamtlicher Verein von Senioren in Willich. Über das Ziel des Vereins sagt die 72-jährige Vorsitzende Gisela Duinmeyer: „Wir wollten nicht bis zum Plan B warten, bis wir in Altenheimen fremdbestimmt werden.“ Stattdessen kümmert sich die Initiative selbst seit 2008 um ein gemeinsames barrierefreies Wohnen, fand mit der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (GWG) des Kreises Viersen einen Partner und ein neues Zuhause.

Seit Mitte des Jahres wohnen 25 Vereinsmitglieder (sechs Ehepaare, 13 Alleinstehende) in 18 Wohneinheiten an der Osterather Straße in Willich unter einem Dach. „Es ist schön, dass man schon auf Menschen trifft, wenn man morgens in den gemeinsam genutzten Wäschekeller geht“, sagte die 74-jährige Marlies Hainen. „Und wenn ich nicht allein sein möchte, klingle ich einfach beim Nachbarn“, ergänzt Marianne Baues (77).

Einige waren zunächst skeptisch, so Charly Röttgen (75) oder Helga Brandt (72). Bei beiden war der Lebenspartner gestorben. „Es war die genau richtige Entscheidung, hier einzuziehen, ich habe es an keinem Tage bereut“, meinte Helga Brandt.

In vielen Vorgesprächen mit der GWG wurden beim Bau die Wünsche der zur Miete wohnenden Senioren berücksichtigt. „Wir wollten zum Beispiel keine Schwellen, höhere Toilettensitze, hier und da eine Zwischenwand, sogar bei Fußböden und Fliesen haben wir uns eingemischt“, sagt Gisela Duinmeyer. Es gibt einen Garten mit Grillplatz und einen großen Aufenthaltsraum.

In einer Nische hängen Listen, in die sich die Bewohner für besondere Unternehmungen eintragen können. So für Canasta-Abende, gemeinsame Kochkurse oder Fahrten. So ist am 8. Oktober eine Schiffstour durch den Duisburger Hafen geplant. Und in Kürze findet der erste Gymnastik-Schnupperkurs statt.

„Wir sind hier angekommen, haben jetzt Zeit und Muße für so etwas“, erzählen einige der Bewohner übereinstimmend. Und Karin Maasen, die mit ihrem Mann Klaus dort wohnt, sagt: „Wir mussten lernen, mit den anderen unter einem Dach zu leben, haben auch in Workshops einige Regeln über Toleranz und Respekt aufgestellt.“ Das Wichtigste sei: nicht übereinander, sondern miteinander zu reden. Und wenn es wirklich mal zu kleineren Streitigkeiten komme, gibt es dort sogar eine dreiköpfige Schlichtungsstelle.

Einige der Männer kümmern sich um kleinere handwerkliche Arbeiten. Es gibt sogar einen „Brötchen-Service“: Sonntags fährt Jürgen Ruge mit einer Liste des Gewünschten zum Bäcker.

Hin und wieder klingeln Neugierige, um sich das besondere Wohnen dort mal anzuschauen. „Und es wäre wunderschön, wenn es noch andere solcher Wohnhäuser gäbe, dann sogar mit einer angeschlossenen Pflegestation“, sagte noch Gisela Duinmeyer. Plan A hat bereits einen entsprechenden Bürgerantrag gestellt.

Jetzt freut man sich erst einmal auf den 31. August. Dann gibt es zum Kennenlernen eine Gartenparty mit den Nachbarn des großen Wohnhauses.

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