Seitensprung: „Das ist kein Betrug, es ist nur Sex!“

Vorsicht Männer! Trifft man in einer Bar auf eine attraktive Frau, könnte sie von der Gattin als Treuetesterin engagiert worden sein.

Samstagabend - und Mann ist gut drauf. Ehefrau und Kinder sind verreist, die besten Freunde sitzen neben ihm in der Kneipe, das Bier schmeckt. Da trifft sich sein Blick mit dem der hübschen Frau am Nebentisch. Sie lächelt, er lächelt. Sie setzt sich zu ihm. Er bestellt zwei Gläser Wein. Sie fragt: "Bist du verheiratet?" Er zögert kurz und sagt dann entschlossen: "Nein."

Der entscheidende Augenblick! Annette Schorlau weiß nun - dieser Mann ist ein Seitensprung-Kandidat. Schorlaus attraktives Aussehen entspricht dem Traum vieler Männer. Ihr Beruf eher dem Albtraum. Die 40-Jährige arbeitet als Detektivin, die die Treue von Männern testet - im Auftrag von deren Frauen.

Wenn eine Klientin mit einem Verdacht zu ihr kommt, sprechen die beiden zunächst ausführlich über den Gatten. Anschließend verabredet sich die Detektivin per Telefon, E-Mail oder angeblich fehlgeleiteter SMS mit dem Mann. Manchmal kommt es auch zu einer "zufälligen" Begegnung in dessen Stammkneipe. "Für das Rendezvous lege ich mir dann eine zweite Identität zu", berichtet Schorlau. "Und die entspricht natürlich exakt den Vorlieben und Interessen der Testperson."

Böse Falle: Die Detektivin aus dem niedersächsischen Oldenburg arbeitet in einer "Boom-Branche". Statistiken zeigen, dass jeder zweite Mann und jede zweite Frau mindestens einmal im Leben fremdgehen. Eine derart große Zielgruppe lockt Geschäftemacher: Agenturen werben für den "unkomplizierten Seitensprung" und bieten "kostenlose Testangebote fürs erste Mal" an, außerdem haben sie "erstklassige Tipps zum Fremdgehen" auf Lager. Die erfüllen laut Umfragen in 49 Prozent aller Fälle ihren Zweck - in 51 Prozent jedoch nicht.

Annette Schorlau trägt zu Letzterem bei. Dabei hilft ihr neben langen Haaren, aparten Gesichtszügen und der sportlichen Figur eine gute Menschenkenntnis. "Im Gespräch bemerkt man sehr schnell, ob der Mann einem Seitensprung abgeneigt ist oder nicht", sagt sie. Da ihre Rolle jedoch eine große Verantwortung mit sich bringt, ist ein gefühltes "Der-würde-wohl" für sie kein Beweis. "Den erbringen die Testpersonen am Ende des Abends leider selbst", sagt Schorlau.

Der mit einer Hand auf ihrem Oberschenkel vorgebrachte Satz "Trinken wir noch einen Kaffee bei dir?" lasse keine Interpretationsmöglichkeiten mehr zu. Die Treuetesterin hat ihre Gewissheit und geht nach Hause. Allein.

Was in den Köpfen der "Testpersonen" vor sich geht, zeigen Umfragen unter untreuen Männern: "Das ist kein Betrug. Es geht nur um Sex", lautet eine ihrer Antworten. Oder aber: "Ich will mir beweisen, dass ich immer noch Chancen habe." Ebenfalls beliebt: "Wenn ich es nicht tue, denke ich vielleicht einmal, etwas verpasst zu haben."

Überzeugungen wie diese führen dazu, dass Annette Schorlau in 98 Prozent ihrer Aufträge das "Kaffee-Angebot" erhalten hat - ein hoher Wert, der die 40-Jährige nicht verwundert. "Meine Klientinnen engagieren mich ja, weil sie bereits ahnen, dass ihr Partner untreu sein oder werden könnte", sagt sie. Viele Frauen hätten ein Gespür dafür, außerdem seien die Anzeichen oftmals kaum zu übersehen - lange Arbeitszeiten, ausgestellte Handys, viele Dienstreisen.

Die Ahnung in Gewissheit zu verwandeln, ist für Schorlau die unangenehmste Aufgabe ihres Berufs. Dann wird aus der Detektivin eine Art Sozialarbeiterin: Ihrer letzten Klientin besorgte sie nicht nur einen Anwalt, die Frau wohnte sogar für einige Zeit bei ihr - das Ergebnis des Treuetests war wie so häufig die Trennung eines Paares.

Trennung Wer beim Fremdgehen erwischt wird, muss sich meist auf eine Trennung einstellen: Nach aktuellen Umfragen der GfK-Marktforschung in Nürnberg würden sechs von zehn Betrogenen ihren Partner auf jeden Fall verlassen.

Reaktionen Auf einen nachgewiesenen Seitensprung reagieren Männer und Frauen völlig unterschiedlich: Während 68 Prozent der Frauen auf ihren Mann wütend sind, verspüren lediglich 47 Prozent der Männer dieses Gefühl. Folgerichtig wollen 40 Prozent der Frauen ihren Gatten für seine Untreue bestrafen - bei den Männern, ob gleichgültig oder sanftmütig, hegen solche Pläne nur 22 Prozent.

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