Seefahrt: Monsterwellen bedrohen Schiffe

Berichte von Riesenwellen galten bis vor wenigen Jahren als Seemannsgarn. Nun wurden sie von Forschern auf Radar geortet.

Düsseldorf. Bis vor wenigen Jahren galten Monsterwellen, so genannte "Freakwaves", als Seemannsgarn. Kaum jemand konnte glauben, dass sich Wasser während eines starken Seegangs ohne weitere äußere Einflüsse wie etwa Windböen zu Ungetümen von der Höhe eines vierstöckigen Hauses auftürmen könnte - und dass die Wucht dieser Wassermassen Schiffe zum Sinken bringt.

Nachdem Forscher von der TU Berlin das Phänomen untersucht haben und es ihnen sogar gelungen ist, in einem Wellenkanal die mit 3,20 Meter höchste künstlich erschaffene Welle der Welt nachzubilden, sind nun Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt mit Hilfe von Satelliten-Überwachung den Riesenwellen in natura auf der Spur. Dabei haben sie eine für die Seeschifffahrt erschreckende Entdeckung gemacht. Denn die Kaventsmänner treten viel häufiger auf, als angenommen. Und sie kommen besonders oft im Nordatlantik vor, der stark von Fracht- und Kreuzfahrtschiffen befahren wird.

"Die Offshore-Industrie und die Seefahrt hat ein sehr großes Interesse daran, das Risiko durch Monsterwellen zu reduzieren", erklärt Professor Günther Clauss vom Berliner Institut für Land- und Seeverkehr, unter dessen Regie die Versuche durchgeführt werden. Denn gerade bei der Seefahrt gehen gravierende Schäden und sogar Untergänge auf das Konto von Monsterwellen.

1978 wurde das 261 Meter lange Frachtschiff "München" von damals sehr moderner Bauart von einer Monsterwelle vernichtet. Die "München" verschwand am 12. Dezember 1978 mit 28 Mann Besatzung fast spurlos im Atlantik. Suchmannschaften fanden später ein völlig zerschmettertes Rettungsboot. Es hatte sich trotz einer Sicherung mit massiven Stahlbolzen losgerissen. In gut 20 Metern Höhe nahe der Brücke. Clauss: "Schäden dieser Art können nur durch Monsterwellen verursacht werden."

1995 wurde der Luxusliner "Queen Elizabeth 2" auf dem Weg nach New York über der Neufundlandbank von drei dicht aufeinanderfolgenden Wellen getroffen. "Es sah aus, als führen wir direkt in die weißen Klippen von Dover", erinnert sich Kapitän Ronald Warwick.

Welche Kraft eine solche Welle entwickeln kann, bekamen auch die Passagiere des deutschen Kreuzfahrtschiffes "Bremen" im Februar 2001 zu spüren. Die "Bremen" wurde von einer gut 35 Meter hohen Wellenwand regelrecht überspült. Zwar gab es nur Leichtverletzte, doch die Welle ließ die Fenster der Brücke zerplatzen, Tonnen von Wasser drangen in das Schiff ein und zerstörten die Bordelektronik. Der Crew gelang es rechtzeitig, den Hilfsdiesel in Gang zu bringen und die "Bremen" in den Wind zu drehen.

Drei Schwestern Drei schnell hintereinander folgende, große Wellen von jeweils gleicher Höhe. Der Liner "Queen Elisabeth 2" wurde 1995 vermutlich von Drei Schwestern getroffen.

Weisse Wand Eine sehr steile, bis zu 30 Meter hohe Welle, von deren Kamm die Gischt herabsprüht. Beim Aufprall auf einen festen Gegenstand wie etwa ein Schiff entsteht besonders hoher Schaden.

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