Sandy legt die US-Atlantikküste lahm

Unser US-Korrespondent Peter DeThier berichtet aus Washington von den Folgen des Wirbelsturms Sandy.

Die Zwischenbilanz ist verheerend: Mindestens 26 Tote, in 15 Staaten fast acht Millionen Stromausfälle, unter Wasser stehende U-Bahn Schächte und allein im Stadtteil Queens 80 abgebrannte Häuser.

Nachdem Hurrikan Sandy in der Nacht zum Dienstag mit voller Wucht über Amerikas größte Metropole hinweggezogen war, sprach ein sichtlich erschöpfter und ebenso verzweifelter Bürgermeister Michael Bloomberg seinen Mitbürgern aus der Seele: "Es ist der schlimmste Sturm, den unsere Stadt jemals erlebt hat."

Seitdem sich der historische Sturm am Wochenende in den warmen Gewässern der Karibik zusammengebraut hatte, entlang der Atlantikküste tobte und unerbittlich Kurs auf die dicht besiedelten Städte in New Jersey und New York nahm, hat Sandy ganze Städte in Trümmer gelegt und mindestens 93 Todesopfer gefordert.

26 von ihnen starben, nachdem Sandy abends in New Jerseys Kasino- und Strandparadies Atlantic City auf die Küste getroffen war. Dort wurden Windgeschwindigkeiten von über 140 Stundenkilometer gemessen.

Als dann das Auge des Sturms den südlichen Zipfel Manhattans erreichte, hatte der Monstersturm an Kraft weiter zugenommen. Am Battery Park, wo zu dieser Jahreszeit sonst Fähren starten, um Touristen zur Ellis Island zu bringen, wo sie die Freiheitsstatue besteigen können, stiegen die Wassermassen um vier Meter an.

Mehrere Straßen in dem New Yorker Finanzdistrikt, das Teil der am Vortag evakuierten "Zone 1" ist, standen ebenso wie die U-Bahn Gleise unter Wasser. Bereits am Vortag hatten die Behörden in New York, Washington und anderen Großstädten den Nahverkehr eingestellt, zudem wurden mehr als 15 000 Flüge gestrichen und alle großen Flughäfen geschlossen.

Bloomberg, der von "mehrere Monate dauernden Auräumungsarbeiten" sprach, verfügte bereits für Mittwoch die Schließung aller 1.100 New Yorker Schulen. Ihren Zorn entlud Sandy aber nicht nur über die Weltstadt, deren Straßen auch am Dienstag leergefegt waren.

Ebenso hart traf das Sturmsystem Menschen im benachbarten New Jersey. Dort reagierte Gouverneur Chris Christie, der sich als Präsidentschaftskandidat nur selten provozieren ließ, hingegen auf die immense Gewalt des Monstersturms ratlos und und verdutzt.

"Ich habe Autos unter Wasser gesehen, wo ich sonst noch nicht einmal Wasser gesehen habe" sagte der Gouverneur des von der Krise finanziell gebeutelten Staats. Resignierend fügte Christie hinzu, "ich habe wirklich keine Ahnung, wie lange es dauert, bis wir uns hiervon erholen werden."

Wie verzweifelt auch Politiker in anderen Staaten waren, das dokumentierte ein "Tweet", den der Gouverneur von Connecticut verschickt hatte. An Menschen, die in überschwemmten Häusern gestrandet waren, schickte er die Nachricht : "Falls Sie von Wasser umgeben sind, nach Hilfe rufen, ansonsten die höchste Stelle im Haus suchen und ein weißes Tuch aus dem Fenster hängen."

Vergleichsweise glimpflich kamen noch die US-Hauptstadt Washington D.C. und die angrenzenden Ortschaften in Virginia und Maryland davon. Zwar brachten Winde mit Sturmspitzen von bis zu 130 Stundenkilometer und Dauerregen, der Straßen und Parks überschwemmte, das Leben von Montag Morgen bis Dienstag Mittag zum Stillstand.

Umgeknickte Strommäste und umgestürzte Bäume behinderten den Verkehr und ließen mehrere hunderttausend Menschen im Dunkeln sitzen. Schulen blieben ebenso wie Regierungsbehörden geschlossen.

"Wenn ich im Fernsehen die Bilder aus New York und New Jersey sehe, dann glaube ich dennoch, dass wir uns hier glücklich schätzen können" sagte Karin Popovich, eine Physiotherapeutin aus Sterling im US-Staat Virginia. "Das waren harte 24 Stunden, aber ich denke, dass wir verglichen mit vielen anderen wirklich mit einem blauen Auge davongekommen sind."

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