Russische Sekte lebt jahrelang unter der Erde: Warten auf den Weltuntergang

Nur durch Zufall wurde die unterirdische Anlage der Sekte von den Behörden entdeckt.

Moskau. Über das weitläufige Bunkersystem nahe der russischen Stadt Kasan berichten die Behörden Erschreckendes. Dort hausten mehr als 20 Kinder, verdreckt und in Lumpen gehüllt.

Viele hätten noch nie Tageslicht gesehen, schildern Augenzeugen. Die Kinder gehen weder zur Schule noch waren sie je bei einem Arzt. In den Wohnzellen herrschen mittelalterliche Zustände, es gibt weder Heizung, Strom noch eine Kanalisation. Auf Befehl eines selbst ernannten Propheten warten die Kinder und ihre Eltern auf den Weltuntergang.

Die Gruppe ist Sektenchef Faisrachman Satarow hörig, so heißt es, einem Prediger in der muslimisch geprägten Wolga-Stadt. Sein dreistöckiges Haus mit Minarett, Brunnen und Dieselstation hat der 83-Jährige mit einer hohen Mauer abgeschirmt. Kaum eines der etwa 70 Sektenmitglieder darf das Gelände verlassen, nur seine Vertrauten lässt „Allahs Prophet“ arbeiten.

„Für die sogenannten Faisrachmanisten ist jeder ein Feind, der nicht gemäß dem Koran lebt“, erzählt ein Sprecher des Gouverneurs. „Die Gemeinschaft hat ihre eigene Hierarchie.“ Den Unterricht für die Kinder übernimmt der „Prophet“ persönlich, Mütter gebären auf dem Grundstück, auch Gräber sind versteckt.

Nachbarn und Gemeinschaft lassen die abgeschottete Gruppe in Ruhe. „Nur ab und an sind ein paar Männer herausgekommen, ansonsten haben wir nichts mitbekommen“, erzählt ein junger Mechaniker in einer nahen Werkstatt. Auch örtliche Religionsführer ignorieren Satarows Gemeinde.

Die russischen Behörden lassen Sekten oft gewähren, von denen es im größten Flächenstaat der Erde Dutzende, wenn nicht Hunderte gibt. Auf Satarows Jünger in Kasan stoßen die Behörden nur durch Zufall.

Die öffentlichkeitsscheuen Bewohner geraten unter Terrorverdacht, nachdem Vize-Mufti Walliula Jakupow einem Anschlag zum Opfer fällt. Bislang gilt Tatarstan als Symbol für das friedliche Miteinander von Muslimen und orthodoxen Christen. In den vergangenen Wochen häufen sich Berichte über radikale Islamisten.

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