Russische Behörden räumen nach Flutkatastrophe Fehler ein

Moskau (dpa) - Nach der Flutkatastrophe in Russland mit mehr als 170 Toten haben die Behörden Fehler eingeräumt. Weil er die Anwohner nicht schnell genug gewarnt hätte, entließ der Gouverneur der Region Krasnodar, Alexander Tkatschjow, den Chef des besonders schwer betroffenen Bezirks Krimsk.

Es sei erwiesen, dass die Verwaltung drei Stunden vorher über die Hochwassergefahr eine Warnung erhalten habe, sagte Tkatschjow. Die Menschen hätten diese Information aber nicht bekommen. Bürger kritisierten allerdings, dass die Behörden das volle Ausmaß des Unglücks weiter verheimlichten. Im Hochwassergebiet in Südrussland warteten tausende Menschen auf Hilfe.

Zivilschutzminister Wladimir Putschkow sagte nach der schlimmsten Hochwasserkatastrophe seit dem Zerfall der Sowjetunion vor gut 20 Jahren, die Menschen seien vor der Gefahr nicht in vollem Umfang und wie vorgeschrieben gewarnt worden. „Seitens der Leiter vor Ort sowie der Dienststellen sind Fehler gemacht worden“, sagte Putschkow nach Angaben der Agentur Interfax.

In der Ferienregion rund 1200 Kilometer südlich von Moskau waren mehr als 10 000 Rettungskräfte mit schwerem Gerät im Einsatz. Der Schaden liegt nach offiziellen Angaben bei umgerechnet mindestens 100 Millionen Euro. Experten schätzten die Summe noch deutlich höher. Die Regierung hatte rund 95 Millionen Euro aus einem Notfonds zur Verfügung gestellt. In dem Hochwassergebiet breiteten sich zunächst keine Seuchen aus, teilten die Gesundheitsbehörden mit.

Präsident Wladimir Putin verlangte erneut eine lückenlose Aufklärung. Es müsse alles objektiv aufgearbeitet werden, damit sich ein solches Unglück nicht wiederhole. In Internetblogs beschwerten sich Bürger, dass die Behörden das Ausmaß der Katastrophe verschleierten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt angesichts der vielen Opfer wegen fahrlässiger Tötung.

Putschkow betonte, aus Stauseen sei kein Wasser abgelassen worden. Er habe sich an den Anlagen selbst davon überzeugt. Das Hochwasser sei ausschließlich Folge extremer Regenfälle gewesen. Die Wassermassen hätten die Flüsse zu reißenden Strömen verwandelt und alles vernichtet. Insgesamt seien von der Katastrophe mehr als 20 000 Menschen in der Region Krasnodar betroffen, sagte Putschkow.

Bewohner der besonders stark betroffenen 60 000-Einwohnerstadt Krimsk hingegen äußerten Zweifel an der offiziellen Version. Sie gingen weiter davon aus, dass an einem Stausee die Schleusen geöffnet worden seien. Offenbar hatten die Behörden die Bürger nicht rechtzeitig über die herannahende Flut informiert, obwohl alle Informationen vorlagen. Regierungsgegner kritisierten, die Behörden und die Kremlpartei Geeintes Russland hätten mit „Schlampereien“ die Katastrophe erst ermöglicht. Sie forderten den Rücktritt von Gouverneur Tkatschjow.

Teile von Krimsk standen weiter unter Wasser. Dort hatte überraschend eine sieben Meter hohe Welle eingeschlagen. Augenzeugen berichteten, dass die Zahl der Toten möglicherweise deutlich höher liege. Die Lage galt als unübersichtlich, weil viele Menschen in der Region Feriengäste bei sich aufnehmen, ohne diese zu melden.

In dem Hochwassergebiet warteten Tausende Menschen, die ihre Wohnungen verloren haben, weiter auf Hilfe. Vielen fehlte es am Nötigsten wie Nahrungsmitteln und Kleidung. Die Flut hatte in der Region mehr als 5000 Häuser überschwemmt.

Tausende Helfer waren nach der Katastrophe vom Wochenende im Einsatz. Die Behörden warnten vor möglichen neuen starken Regenfällen. Zudem waren Brücken, Straßen und Gebäude einsturzgefährdet. Die Behörden teilten mit, dass die Lage unter Kontrolle sei und lehnten Hilfe aus dem Ausland ab.

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