Remscheider Unternehmen bringt Neurodermitis-Medikament auf den Markt

„Ein Wundermittel ist es nicht“

Remscheid. Jahrelang kannte kaum jemand das Remscheider Pharma-Unternehmen Regeneratio Pharma. Anfang dieser Woche änderte sich das schlagartig. Mit Ausstrahlung der ARD-Dokumentation "Heilung unerwünscht - wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern" wurde die kleine Firma plötzlich bundesweit bekannt. Der Grund heißt Regividerm, eine Salbe zur Behandlung von Neurodermitis und Schuppenflechte. Die will Regeneratio Pharma ab sofort herstellen - und im November auf den Markt bringen.

Der Film des Journalisten Klaus Martens zeigt die jahrelangen Bemühungen der bergischen Mediziner Karsten Klingelhöller und Thomas Hein, das von ihnen entwickelte und in Studien getestete Medikament auf den Pharma-Markt zu bringen. Martens wirft den Pharmakonzernen in der Dokumentation eine "Wagenburg-Mentalität" vor. Die Verbreitung mancher - vergleichsweise konstengünstiger - Arzneien wie Regividerm würde von den "Pillen-Patriarchen" aus wirtschaftlichen Gründen blockiert.

Seit 20 Jahren gibt es bereits die Rezeptur der Salbe, deren Hauptbestandteile Vitamin B12 und Avocado-Öl sind. Bisher konnten Betroffene es aber in keiner Apotheke bekommen. Wissenschaftler bestätigten in Studien eine Linderung der Symptome bei getesteten Patienten. Doch bei 16 mehrfach angefragten Pharmakonzernen stießen Klingelhöller und Hein auf Granit.

Der Unternehmer Rüdiger Weiss, Geschäftsführer der Remscheider Firma Regeneratio Pharma, erfuhr vor einigen Jahren von dem vermeintlichen Wundermittel gegen die quälenden Hautkrankheiten. 2004 kaufte Regeneratio Pharma die Patente - vom Insolvenzverwalter, denn die Mediziner hatten die kostenaufwändigen Studien längst in den Ruin getrieben.

Bis zur endgültigen Zulassung von Regividerm hat es weitere fünf Jahre gedauert. "Es hätte alles schneller gehen können, wenn die Pharmakonzerne sich nicht quergestellt hätten", unterstrich Weiss gegenüber unserer Zeitung. Nachdem die Salbe für den Markt zugelassen sei und "der Fernsehfilm derart hohe Wellen geschlagen" habe, habe er sich kurzfristig entschieden, das Produkt selbst zu produzieren.

Das Besondere an Regividerm sei, so Weiss, dass es im Gegensatz zu den ansonsten bei Neurodermitis und Schuppenflechte verschriebenen und angewendeten cortisonhaltigen Immunsuppressiva praktisch keine Nebenwirkungen habe. Weiss: "Wir können damit zwar nicht heilen, aber massive Linderung erzielen. Es ist ein echtes Wundermittel."

20 000 bis 30 000 Tuben Regividerm zum Stückpreis von 28,85 Euro sollen im November von Remscheid aus in die Apotheken geliefert werden. Als Vertriebspartner bot sich die Mavena Health Care AG an. "Wir standen schon länger in Kontakt", sagte Sprecher Dr. Rüdiger Kaske auf Anfrage unserer Zeitung. "Als die Zulassung da war, haben wir auch zugesagt."

Gegen die Bezeichnung "Wundermittel" sowie die im Film prognostizierte mögliche Bedrohung für den Cortison-Markt wehrt sich Mavena unterdessen vehement: "Ein Wundermittel ist das nicht. Die Salbe ist eine gute Alternative zu cortisonhaltigen Präparaten, aber sicher kein Ersatz."

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