Prozess: Erfinder will 500 Millionen

Hans Süllhöfer kämpft seit 40 Jahren um sein Recht. Bayer soll ihm ein Patent gestohlen haben.

<strong>Düsseldorf. Der wohl längste Rechtsstreit in der Geschichte der Bundesrepublik geht am Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landgericht in die nächste Runde. Seit rund 40 Jahren prozessiert der Düsseldorfer Erfinder und Unternehmer Heinz Süllhöfer gegen die Bayer AG. Der Vorwurf: Das Unternehmen hätte dem heute 81-Jährigen ein patentgeschütztes Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von speziellen Kunststoffplatten gestohlen - und das schon 1967. 15 Millionen Euro Prozesskosten hat Süllhöfers Kampf gegen den Giganten nach seinen eigenen Angaben bereits gekostet.

"Die haben das nicht hingekriegt. Die sind in meine Firma gekommen und haben sich das abgeschaut."

"Ich schlafe seit 40 Jahren mit der Geschichte ein und wache am nächsten Morgen wieder damit auf", erzählt er. Seinen gesamten Lebensinhalt scheint er dem Rechtsstreit gewidmet zu haben. Seine Frau starb bereits vor zehn Jahren. Unterstützung bekommt er von einer Freundin seiner ebenfalls schon verstorbenen Tochter. "Sie glauben doch nicht, dass ich das alles auf mich nehmen würde, wenn ich nicht im Recht wäre", sagt Süllhöfer. Er kalkuliert seinen persönlichen Schaden auf 500 Millionen Euro, weil sein Verfahren weltweit Anwendung finde, ohne dass er einen Cent davon sehe.

Berge von Akten und Unterlagen, die der Unternehmer in seinem Haus in Düsseldorf-Lohausen stapelt, lesen sich wie ein Wirtschaftskrimi. 1967 versicherte die Bayer AG erstmals, dass sie das von Süllhöfer erfundene Verfahren schon vorher kannte. Sie hätten trotz seines Patents also ein sogenanntes Vorbenutzungsrecht. "Alles Quatsch", sagt Süllhöfer.

Im Sommer 1967 bekommt Süllhöfer anonym ein angebliches Strategiepapier der Bayer AG zugespielt. Darin heißt es unter anderem: "(dass) es bei der derzeitigen Rechtsprechung (...) durchaus möglich schien, dass Süllhöfer obsiegt, was genau das Gegenteil von dem bewirkt hätte, was wir beabsichtigen, nämlich Süllhöfer zum Schweigen zu bringen." Adressiert war das Schreiben auch an die Mitglieder des damaligen Vorstandes von Bayer in Leverkusen.

"Ich kann doch alles beweisen", sagt Süllhöfer immer wieder. Gerichte gaben ihm zumindest in Teilen Recht. Es gab Berufungsverfahren, Revisionen, neue Beweislagen, verstorbene Anwälte, neue Richter und plötzlich verschwundene Akten. Zwischendurch auch Hausdurchsuchungen bei Bayer und Vorwürfe des Prozessbetrugs.

Für Bayer ist indes klar, dass keine Ansprüche von Seiten Süllhöfers mehr bestehen. "Das aktuelle Verfahren beschäftigt sich mit Ansprüchen aus Auslandslizenzen und ruhte eigentlich bereits seit den 90er Jahren", sagt ein Unternehmenssprecher. Weiter wolle sich Bayer mit Verweis auf das laufende Verfahren aber nicht äußern.

Der Streit mit den Anwälten der Leverkusener Bayer AG hat Süllhöfer nicht nur Nerven gekostet. Sein halbes Leben lang beherrscht das Thema seinen Alltag. Die Prozesskosten haben an seinem Vermögen genagt. Sein 100-Betten-Hotel in Düsseldorf-Lohausen wurde mittlerweile verkauft und wird gerade abgerissen. Süllhöfer wohnt Tür an Tür mit der Baustelle.

Vorwurf: Seit 40 Jahren kämpft der Düsseldorfer Erfinder Heinz Süllhöfer gegen den Bayer-Konzern. 1963 hatte er eine Maschine zur Herstellung von Hartschaumschalen erfunden. Seitdem beschuldigt er das Weltunternehmen des Patentdiebstahls. Bayer hatte den Tatbestand jedoch immer wieder bestritten. Es geht um 500 Millionen Euro.

Akten: Noch nie hat jemand in der Bundesrepublik Deutschland länger vor Gericht gestritten als der ehemalige Schaumstofffabrikant. Das Verfahren hat Süllhöfer bisher 15 Millionen Euro gekostet. Seine Garage ist voll mit Akten, dazu eine Schrankwand im Haus und die Ablagen neben den Fenstern.

Prozess: Am Donnerstag ist wieder ein Verhandlungstermin in Düsseldorf. Das Verfahren hat das Aktenzeichen 4 O 139/73. Die 73 steht für das Jahr, in dem die Klage eingereicht wurde. Süllhöfer möchte wissen, an wie viele Firmen genau Bayer das Verfahren weitergegeben hat. Nur so ließe sich feststellen, wie groß sein Schaden überhaupt war. Erst dann will er auf Schadensersatz klagen.

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