Polizistin auf A 61 getötet — Haftstrafe

Auf der Autobahn ließ eine 23-jährige Polizistin ihr Leben. Ein Lkw-Fahrer war mit drei Promille in ihren Dienstwagen gerast.

Polizistin auf A 61 getötet — Haftstrafe
Foto: dpa

Mönchengladbach. Lange zwei bis drei Sekunden hat der Lkw-Fahrer Zeit zu reagieren. Das macht der Mönchengladbacher Richter Ralf Gerads deutlich. Doch der Lkw-Fahrer ist an dem Abend im Dezember 2017 so betrunken, dass er den grauenhaften Unfall nicht verhindert: Er kracht in das Polizeiauto, das auf dem Seitenstreifen der A 61 bei Viersen mit Blaulicht auf ihn wartet. Eine 23-jährige Polizistin auf der Rückbank stirbt unmittelbar danach. Eine Kollegin wird lebensgefährlich verletzt, ein junger Kollege schwer.

Der angeklagte Lastwagenfahrer aus der Ukraine wurde gestern zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Wegen der rund drei Promille Alkohol im Blut ist er laut Richter vermindert schuldfähig.

Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer für eine Bewährungsstrafe geworben und noch einmal betont, wie leid dem Mann das alles tue. Für die Richter zeigte der 49-Jährige, der vorher nicht einmal durch eine Ordnungswidrigkeit aufgefallen war, „ehrliche Reue“. Der Fahrer hatte das gestanden, woran er sich erinnerte. Er hatte aber einen für Gutachter nachvollziehbaren Filmriss. Er hatte laut Richter vorher einen Rastplatz angesteuert und dort eigentlich schlafen wollen. Stattdessen habe er mit anderen Lkw-Fahrern Hochprozentiges getrunken.

„Der Angeklagte hat zugegeben, dass stundenlang — um es drastisch zu sagen — gesoffen wurde“, sagte der Vorsitzende Richter Gerads. Der Fahrer hatte Kohle geladen, die nach Belgien musste — ohne Zeitdruck: „Er hätte seinen Rausch ausschlafen und am nächsten Tag weiterfahren können.“

Doch er traf, warum auch immer die „verhängnisvolle Fehlentscheidung“, setzte sich gegen 20.30 Uhr ans Steuer. Fast 40 Kilometer fuhr er ohne Unfall, aber in Schlangenlinien über die Autobahn. Autofahrer alarmierten die Polizei. Die Kreispolizei Viersen schickte einen Streifenwagen mit drei Leuten raus. Mit Blaulicht und Abblendlicht standen sie gerade auf dem Standstreifen, als schon der 39-Tonner von hinten langsam auf den Seitenstreifen herüberzog — aber nicht zielgerichtet auf das Polizeiauto, wie die Richter feststellten. Der Fahrer hätte den Streifenwagen erkennen müssen, sagte Gerads. Zwei bis drei lange Sekunden hätte der Fahrer Zeit gehabt, zu reagieren und die grauenvolle Kollision vermeiden. Aber er bremste, als es viel zu spät war.

Die drei Polizei-Kollegen traf der Aufprall völlig unvorbereitet, machte der Richter deutlich: Sie seien sich der Gefahr nicht gegenwärtig gewesen. Das Auto drehte sich um die eigene Achse, die tödlich verletzte Polizistin wurde vom Gepäckgitter am Kopf getroffen. Ihre beiden Kollegen litten noch heute erheblich unter den Folgen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Mann kann in Revision gehen.

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