Neuer Regen: Keine Entwarnung trotz sinkender Pegel

Köln/Koblenz/Wertheim (dpa) - Neuer Regen macht die momentane Entspannung beim Hochwasser nur zu einer kurzen Verschnaufpause. Ergiebige Niederschläge bis zum Wochenende bereiten den Helfern Kopfzerbrechen.

Im ganzen Land erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) bis zum Samstag Niederschläge von 20 bis 50 Litern pro Quadratmeter, gebietsweise auch 70 bis 80 Liter.

„Das ist per se schon eine Menge Holz und der aktuellen Hochwassersituation sicherlich nicht zuträglich“, sagte Jens Hoffmann vom DWD in Offenbach am Dienstag. Hinzu komme, dass in den Mittelgebirgen immer noch so viel Schnee liege, dass Tauwasser die Hochwasserlage verschärfen könne.

In Thüringen ist man darauf vorbereitet. Nach Angaben des thüringischen Umweltministers Jürgen Reinholz (CDU) sollen die Staudämme entlastet werden. Das müsse jedoch mit Vorsicht geschehen, um Hochwasser-Regionen nicht noch mehr zu gefährden. Von den rund 200 Millionen Kubikmeter Wasser, die vor der jüngsten Schneeschmelze aus den Talsperren und Rückhaltebecken abgelassen wurden, seien bereits wieder 100 Millionen Kubikmeter aufgefüllt. Mit 75 Prozent sei das Rückhaltebecken bei Straußfurt bereits gut ausgelastet. Die Saale-Talsperren seien dagegen erst zu einem Drittel gefüllt.

An drei Pegeln in Sachsen-Anhalt galt am Dienstag weiter die höchste Alarmstufe 4: Für die Saale am Pegel Halle-Trotha, für die Schwarze Elster in Löben und für die Weiße Elster am Pegel Oberthau. In Halle sollte der Pegelstand der Saale am Dienstag den vorläufigen Höchststand zwischen 6,50 und 6,60 Meter erreichen. Die Stadt hat einen Krisenstab eingerichtet.

In Bayern war besonders Unterfranken vom Hochwasser betroffen, in Würzburg stieg der Main am Nachmittag auf 6,23 Meter. Parkplätze wurden überflutet, auch Gebäude waren meterhoch von Wasser umgeben. Die Stadt sperrte Straßen rund um den Main, baute Barrieren auf und leitete den Verkehr durch die Innenstadt um.

Die Oder befreite sich am Dienstag selbst vom zunehmenden Wasserdruck. Beim Einsatz von vier Eisbrechern bei Hohensaaten sei die restliche, etwa vier Kilometer lange Eisdecke plötzlich aufgebrochen, sagte der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude. Nunmehr sinke der Wasserstand in diesem Abschnitt sehr stark. Am Pegel Hohensaaten-Finow waren zuletzt 6,92 Meter gemessen worden, 42 Zentimeter über dem Richtwert für die höchste Alarmstufe 4.

Die Pegelstände an der Elbe hingegen stiegen weiter leicht an. In den niedersächsischen Städten entlang des Flusses wird die Hochwasserwelle gegen Ende der Woche erwartet. Die Gemeinden rechnen mit einem normalen Winterhochwasser, bereiten sich aber trotzdem auf die Flutwelle vor. „Wir erwarten aber kein besonders extremes Hochwasser“, sagte ein Sprecher der Stadt Hitzacker.

Nicht extrem, aber höher als erwartet stand das Wasser in Wertheim am Main. Am Mittwoch rechnet die Einsatzleitung mit einem Höchststand von 5,70 Metern - der Wertheimer Marktplatz ist dann etwa 70 Zentimeter unter Wasser. Bisher war man von einem Scheitel von 5,50 Metern ausgegangen. Am Dienstag betrug der Wasserstand des Mains bereits 5,45 Meter. Viele Keller und Garagen sowie Läden und Wohnungen im Erdgeschoss waren überschwemmt.

Wie hoch der Pegel steige, hänge von den Niederschlagsmengen im Einzugsgebiet der beiden Flüsse Tauber und Main ab, teilte die Einsatzleitung der Stadt mit. Die Einsatzkräfte errichteten rund 400 Meter Stege in der Altstadt und gaben 4500 Sandsäcke an Anwohner und Ladenbesitzer aus. „So viele wie noch nie zuvor bei einem Hochwasser in der Stadt“, sagte der Einsatzleiter der Stadt, Volker Neumeier. Zur Versorgung der Anlieger wurden neun Boote bereitgestellt.

Entlang von Rhein und Mosel entspannte sich die Lange dagegen und die Aufräumarbeiten begannen. Bei 8,91 Metern in Köln stagnierte der Rhein-Pegel in der Nacht zum Dienstag und sinkt seitdem kontinuierlich. Die Moselstadt Zell war bereits wieder blitzblank. „Da ist vom Wasser nichts mehr zu sehen“, sagte ein Sprecher der Polizei.

Auch bei der Bundesgartenschau in Koblenz begannen die Aufräumarbeiten. „Es sieht schon übel aus, aber es ist nicht so schlimm wie erwartet“, sagte Sprecherin Christiane Gandner. „Die Rasenflächen sind erstaunlich grün.“ Mauern schützten weitgehend die Ausstellungen vor Hochwasser, dennoch rechnen die Buga-Organisatoren mit Kosten „im sechsstelligen Euro-Bereich“.

In der Stadt an Rhein und Mosel seien noch „mindestens 2000 Menschen“ vom Hochwasser betroffen, sagte ein Feuerwehr-Sprecher. Völlige Entwarnung wollte man daher weder in Koblenz noch in anderen Städten geben. Der erwartete Regen bleibt ein Unsicherheitsfaktor.

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